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Heiteres Raten ohne Beruf

■ Jacobs-Suchard finanziert Fernseh-Show von und mit Guido Baumann bei Sat 1

Ja, wir Bremer, wir sind schon wer. Und wenn wir uns mit den Südländern verschwistern, den Hessen, Schwaben, (Wahl -)Bayern, den Schweizern gar, verbünden oder verbrüdern, dann machen wir erst recht was her. Und expansiv denken wir. Wir rösten zum Beispiel Kaffee, jahrelang, und durchaus mit Erfolg, stehen in jedem Supermarkt der Republik und dann passierts. Dann ehelichen wir eine Schweizer Schokoladen -Tante und plötzlich floriert der Laden, daß uns nichts mehr gut, angemessen genug, erscheinen kann. Und dann mischen wir uns eben ein und verbessern die Welt so ein Stückchen, damit sie besser zu uns paßt.

Der bremisch-schweizerische Gemischtwaren-Konzern Jacobs -Suchard zum Beispiel, der hat noch so einiges vor. Der will natürlich zunächst einmal Geld verdienen, das ist klar, dazu ist er ja da. Aber dann will er eben auch noch anderes. Er will beispielsweise die so mißliche TV-Unterversorgung der armen Bundesbürger abschaffen und deshalb dafür sorgen, daß die privaten Monopolbrecher-Programme wie Sat 1 endlich zu einem besseren Programm kommen und einen höheren Anteil Eigenproduktionen senden.

So erklärt jedenfalls Achim Rohnke, Media-Chef bei Jacobs -Suchard, seine Beweggründe, mit SAT 1 einen „Bartering„ -Vertrag abgeschlossen zu haben. Zunächst auf ein Jahr befristet, aber mit längerer Perspektive, produ

ziert im Auftrag des Kaffee-Schokoladiers und mit seinem Zaster, der legendäre 'Was-Bin-ich?'-Rate-Fuchs Guido Baumann (aus der Schweiz) eine Rateshow namens „Heiter Weiter“, die alle zwei Wochen eine halbe Stunde lang über den Privat-Äther geht. Im Gegenzug erhält Jacob-Suchard Werbezeit zur Verfügung gestellt, für die sie sonst teuer mit Geld hätten bezahlen müssen.

Und so schlägt man, meint Rohnke, zwei Fliegen mit einer Klappe. Einerseits lohnt sich die Sendung, weil sie die Kosten für die Werbeminuten drückt (genaueres will er nicht sagen). Andererseits verbessert die Jacobs-Suchard-Sendung das Sat 1-Programm und damit das Werbeumfeld für die eigenen Spots.

Das Programm, das kann man nach drei Sendungen schon sagen, ist wirklich echt ganz Klasse. Der smarte Guido als Show -Master lädt sich einen prominenten Gast und aus dessen Leben muß eine Rate-Crew einzelne Facetten herausraten. Und gehe ich richtig in der Annahme? Ich gehe. Die Lembke -Veteranen geben sich ein Stelldichein. Hans Sachs, der findige Rechtsanwalt, etwas angerunzelter noch, aber immer noch die selbe unverschämt investigative Frageweise wie damals vor 20 Jahren, als meine Oma am Programmknopf saß. Oder die aufwendig maskierte Annette von Arentin, die Prototypin des deutschen Tantenwunders. Und Anneliese, oh, was ist aus Anneliese geworden? Nein, nicht drüber re

den.

Die Sat 1-Neuproduktion paßt einfach ganz prima in das Sendegefüge zwischen „Flipper“ und

„Jeannie“. Hier wird keine gefühllose Programmsanierung betrieben, sondern sich sensibel der vorhandenen Programmsubstanz

angepaßt. Und wer etwas anderes will, der braucht es ja nicht anzuschalten.

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