Töpfer gegen Jochimsen in Karlsruhe

■ Im Weisungsstreit um den Schnellen Brüter vor dem BVerfG wurde vor allem das Bund-Länder-Verhältnis verhandelt

Berlin (taz) - Bundesreaktorminister Klaus Töpfer und der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Reimut Jochimsen durften ihren langjährigen Streit über den Schnellen Brüter in Kalkar am Mittwoch erstmals unter den höchstrichterlichen Augen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in Karlsruhe austragen. Töpfer warf Jochimsen vor, er wolle den Ausstieg aus der Atomenergie über den Verwaltungsweg durchsetzen. Jochimsen gab zurück, die Bundesregierung sei dabei, eine neue Form der Bundesaufsicht gegenüber den Ländern zu installieren. Ihm gehe es nicht darum, den Brüter „kaputtzuprüfen“, sondern um die „Schutzpflicht des Staates für die Bürger“.

Über die verfassungsrechtlichen Fragen zum Verhältnis von Bund und Ländern geriet der Kern der Auseinandersetzung im Verlauf der Verhandlung vor dem Zweiten Senat des BVerfG in den Hintergrund: Töpfer hatte im April 1988 den für die Brüter-Genehmigung zuständigen Jochimsen mit einer „verfahrensleitenden Bundesweisung“ zwingen wollen, auf ein Gutachten über mögliche Konsequenzen des Reaktorunfalls von Tschernobyl auf das Brüter-Sicherheitskonzept zu verzichten. Gegen dieses „Prüf- und Denkverbot“ hatte der NRW-Minister geklagt. Töpfer berief sich bei seiner Weisung auf eine Stellungnahme der stramm atomfreundlichen Reaktorsicherheitskommission (RSK), in der für Kalkar ein Unfall wie in Tschernobyl ausgeschlossen wurde.

Vor dem BVerfG kam es nicht zu einer inhaltlichen Debatte über diese umstrittene Stellungnahme, die unter anderem von dem Bremer Physiker und langjährigen Brüterkritiker Richard Donderer als „unwissenschaftlich und indiskutabel“ bewertet worden war. Die Jochimsen-Vertreter erklärten in Karlsruhe, ihnen sei eine Auseinandersetzung mit dem RSK-Papier nicht möglich gewesen, weil Töpfers Weisung genau dies untersagt habe. Am 22.Mai, also nach der Landtagswahl in NRW, will das BVerfG seine Entscheidung verkünden.

gero