Weiter Streit über Truppenstärke

Warschauer Pakt-Staaten fordern in Wien weitere Reduzierung der Nato-Truppen in Mitteleuropa / Auch nach der Einigung zwischen USA und SU in Ottawa noch zähes Ringen  ■  Aus Wien Andreas Zumach

Die Frage von Truppenreduzierungen in einem ersten Wiener VKSE-Abkommen ist entgegen weit verbreitetem Eindruck im Westen auch nach der Einigung zwischen den Außenministern Baker und Schewardnadse vergangene Woche in Ottawa noch nicht gelöst. Der sowjetische VKSE-Delegationsleiter Grinevski verlangte gestern am letzten Tag der fünften Wiener Verhandlungsrunde neben der in Ottawa vereinbarten Reduzierung von Soldaten der UDSSR und der USA in Zentraleuropa auf jeweils 195.000 hinaus die Festlegung von Gesamtobergrenzen für die Truppen beider Militärbündnisse in dieser Region auf 700.000 bis 750.000 Mann. Die Umsetzung dieses Vorschlages würde auf Nato-Seite eine weitere Reduzierung um 250.000 bis 300.000 Soldaten erfordern. Der Vorschlag wurde von allen Warschauer-Pakt-Staaten unterstützt mit Ausnahme Ungarns, das die Durchsetzung noch bis zu einem für Herbst dieses Jahres anvisierten ersten Wiener Abkommens für unrealistisch hält. Delegierte begründeten den UdSSR-Vorschlag damit, daß eine Reduzierung lediglich der US- und UdSSR-Soldaten auf jeweils 195.000 zu einem Übergewicht von knapp einer Million Nato-Soldaten in der BRD, Dänemark und den Beneluxstaaten gegenüber 650.000 WVO-Soldaten in der DDR, Polen, Ungarn und der CSSR führen würde. Die Botschafter der USA, BRD und Frankreichs lehnten jegliche Berücksichtigung anderer als der Großmachttruppen in einem ersten Wiener Abkommen entschieden ab.

Unterschiedliche Haltungen gibt es unter den westlichen Staaten noch über Verhandlungen über ein zweites Wiener Abkommen. Während BRD-Botschafter Hartmann auf der Linie Genschers für die sofortige Aufnahme von Wien 2 sofort nach Unterzeichnung von Wien 1 plädierte, brachte der französische Botschafter Plesant eine Ausweitung der Verhandlungen auf die 35 KSZE-Staaten und die Aushandlung eines neuen Mandats ins Spiel.