IWF und Bundeshaushalt

Der nicht-kapitalistische Wirtschaftsraum zerfällt, der Geltungsbereich der kapitalistischen Strukturen wird global, alternative Systeme sind nicht in Sicht. Um so mehr werden künftig Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) das Sagen haben. Der gewaltige Druck in Richtung Weltmarktintegration und Liberalisierung führt die osteuropäischen Staaten als erstes zu ihnen. Rumänien, Polen und Ungarn sind schon Mitglieder. Die Tschechoslowakei bemüht sich um den Beitritt, während die Sowjetunion, Bulgarien und die DDR die Lage noch sondieren.

Für sie alle gilt jedenfalls, daß westliche Kredite, Investitionen und Wirtschatshilfe erst nach der Umsetzung eines von IWF und Weltbank gebilligten Strukturanpassungsprogramms fließen werden. Auch am Beitritt zum Welthandelsabkommen Gatt führt kein Weg vorbei.

Durch diesen - vordergründig freiwilligen - Massenbeitritt wird die gerade bei den sozialen Bewegungen in der Dritten Welt und in westlichen Industrieländern ausgeprägte Kritik an den Regulierungsinstanzen der kapitalistischen Weltwirtschaft entwertet. Auch wenn die neuen osteuropäischen Mitglieder das kritische Lager in den Institutionen verstärken sollten, werden weiter die Interessen der führenden kapitalistischen Staaten die Ausrichtung der Anpassungspolitik bestimmen. Andererseits werden IWF und Weltbank - ähnlich wie heute schon die UNO -Organisationen - ihren globalen Anspruch nur durch einen Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Ländergruppen legitimieren können.

Die Staaten Osteuropas werden in der nächsten Zeit gewaltige Summen von IWF und Weltbank in Anspruch nehmen. Polen hat gerade einen IWF-Kredit von über 700 Millionen Dollar erhalten, von der Weltbank werden sofort 360 Millionen nachgeschoben. Insgesamt will sie in den kommenden drei Jahren mehr als fünf Milliarden Dollar für Osteuropa zur Verfügung stellen. Die vorgesehene Kapitalaufstockung beider Institutionen läßt allerdings vermuten, daß Kredite an Länder der Dritten Welt deswegen nicht abnehmen werden.

Bankkredite rückläufig

Nicht erst seit der Öffnung Osteuropas gehen dafür die Kredite privater Banken an Dritte-Welt-Länder kräftig zurück. Der jüngsten Statistik der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) läßt sich entnehmen, daß die gesamten Forderungen gegenüber Entwicklungsländern (ohne die Ölexporteure der Opec) allein im 2.Quartal 1989 um 8,2 Milliarden Dollar schrumpften, im darauf folgenden um weitere 1,8 Mrd. Die Forderungen gegenüber Osteuropa nahmen hingegen in den ersten neun Monaten des Jahres 1989 um 7,4 Mrd. Dollar zu.

Offen sprechen die großen Privatbanken davon, daß sie sich möglichst rasch aus den Krisenregionen der Dritten Welt zurückziehen wollen. Schon länger geht deren Anteil am Welthandel zurück, es sieht immer mehr nach einer „Zwangsabkopplung“ vom Weltmarkt aus - bei einer Verschärfung der sozialen Konflikte, man denke nur an Brasilien, wo der explizit linke Gewerkschafter Lula nur knapp das Rennen um die Präsidentschaft verlor.

Die Vorgänge in Osteuropa spiegeln sich auch im Budget der Bundesregierung. Gegen den Widerstand der FDP hat das CSU -geführte Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) die Federführung für die Osteuropahilfe erhalten. Verglichen mit den bisherigen Leistungen der Bundesregierung für Polen von etwa 7,5 Mrd. DM (davon allein 5,5 Mrd. für Schadenszahlungen bei „Hermes„ -Ausfallbürgschaften für Exportkredite) fällt die vorgesehene BMZ-Hilfe zwar bislang nicht ins Gewicht, aber sie deutet doch eine Tendenz an: 1990 beginnt es mit Projekten in Polen und Ungarn für 10 Mio. DM, zusätzlich dürfen schon jetzt 45 Mio. für den Zeitraum 91-93 zugesagt werden. Schwerpunkte der offiziell als „Entwicklungshilfe“ anerkannten Zahlungen sind die berufliche Aus- und Fortbildung, Aktivitäten der Parteienstiftungen sowie „privatwirtschaftliche Maßnahmen“.

Für 1990 ist noch keine Verdrängung von Dritte-Welt -Projekten durch die Osteuropahilfe festzustellen. Dennoch möchten manche das auch für die Zukunft dadurch verhindern, daß sich das BMZ grundsätzlich nur um die Länder des Südens kümmert - ein Prinzip, das allerdings längst durch Portugal, Spanien, Israel und Albanien durchbrochen ist. Andere Entwicklungspolitiker begrüßen den Bedeutungsgewinn des Mini -Ministeriums: Nach einem Ende der CSU-Herrschaft in diesem Hause und bei genügendem gesellschaflichem Rückhalt könnte schließlich auch eine Bündelung der außenwirtschaftlichen Kompetenzen beim BMZ und dann eine ökologische und solidarische Neuorientierung der Entwicklungspolitik angestrebt werden.

Thomas Fues