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Zwei Geschichten, kein Bruch

■ Woody Allens neuer komisch-ernster Film „Verbrechen und andere Kleinigkeiten“

Woody Allens neuer Film lief auf der Berlinale außer Konkurrenz. Allen selbst spielt wieder mit, nicht zuletzt deshalb schrieben die amerikanischen Kritiker, nach September und Eine andere Frau sei dieser Film endlich wieder komisch und freuten sich. In Wahrheit jedoch gibt es keinen Bruch zwischen den letzten und dem neuen Allen. In unserer Berlinalekritik hieß es:

Der Applaus am Anfang und am Ende von Woody Allens Verbrechen und andere Kleinigkeiten ist ein Selbstapplaus gegen ein Land, das ihn immer nur als Slapstick-Komiker haben will. Und Allen hat vollkommen recht damit. Anders als im gewöhnlichen amerikanischen Kino, das mit dümmeren Zuschauern rechnet, die immer kompliziertere Erzählstruktur, das immer härtere Aneinanderschneiden von Vergangenheit und Gegenwart, die Sparsamkeit der Mittel und die Gleichzeitigkeit mehrerer Geschichten. Verbrechen und und andere Kleinigkeiten erzählt zwei Geschichten aus dem bürgerlichen jüdischen Milieu von New York, die erst am Ende in flüchtige Berührung geraten, ohne miteinander zu verwachsen. Der reiche Augenarzt Judah Rosenthal (Martin Landau) läßt seine Geliebte Dolores (Angelica Huston) von einem gedungenen Mörder umbringen. Sie hatte das heimliche Verhältnis seiner Frau offenbaren wollen, und er konnte diesen Gedanken nicht ertragen. Nach der Tat plagt ihn das Gewissen, (...) eine ernste Geschichte.

Bei Sterns Geschichte lacht man nur. Stern (Woody Allen) ist ein armer, aber ehrlicher Dokumentarfilmer. Um Geld zu verdienen, muß er einen Film über seinen verhaßten schwerreichen Schwager Lester drehen, einen Fernsehproduzenten. Stern liebt Halley (Mia Farrow). Aber Halley geht zum reichen Lester statt zum armen Stern. Allen braucht bloß zum Telefon zu greifen, zu wählen und zu warten, ob sie da ist die Erleichterung in seinem Gesicht, als Halley endlich abnimmt - sie ist also nicht zu Lester gegangen - seine Bestürzung, als er erfährt, daß Lester stattdessen bei ihr ist: Es ist zum Lachen.

Thierry Chervel

Woody Allen, Crimes and Misdemeanors, mit Woody Allen, Mia Farrow, Angelica Huston, Martin Landau, USA 1989, 105 Minuten.

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