Airbus: Toulouse was bound to lose

Hamburg siegt im Streit um Endmontage des Modells A-321 / Robert Blanco: Deutsche Hegemonie  ■  Aus Paris A. Smoltczyk

(taz) - Die bisherige Luftfahrtmetropole Europas wird sich mit „dem Aufhängen von Gardinen vor den Bullaugen“ begnügen müssen, wie ein Gewerkschaftler von Aerospatiale meint: Das Nachfolgemodell des Airbus 320, der langgestreckte A-321, wird in Hamburg endmontiert werden. Damit ist die bisherige Arbeitsteilung des Airbus-Konsortiums beendet. Toulouse bleibt nur die Aussicht, den geplanten Großtransporter A-330 und A-340 montieren zu dürfen.

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, auf welch wackligen Beinen die ökonomische Rationalität bisweilen dahergeht - der Fall „Airbus“ liefert Anschauungsmaterial zur Genüge. Wir erinnern uns: Bislang wurde der Vogel A-320 in Großbritannien (Flügel), Spanien (Schwanz) und Hamburg (Rumpf) arbeitsteilig gebaut, in Toulouse zusammengeschraubt und mit einem Kopf versehen - und schließlich zur Innenausstattung nach Hamburg geflogen. „Zu kompliziert und zu teuer“, sagten da die Manager des bundesdeutschen Airbus -Anteilseigners MBB. Sie errechneten einen dicken Posten von 664 Millionen Dollar an Minderkosten, falls die Endmontage nach Hamburg verlegt würde, und Toulouse den Großtransporter bekäme. Prompt griff auch Aerospatiale zur Kosten-Nutzen -Rechnung und bezifferte seinerseits die Mehrkosten der Operation auf 1.314 Millionen. Was also tun?

Eine britisch-spanische Experten-Kommission rechnete nach und kam Ende Januar darauf, daß die Verlagerung für den Konzern auf ein Minusgeschäft von 141 Millionen hinausliefe. Nach den Gesetzen der Rationalität ein Grund, das Ganze zu vergessen.

Doch MBB läßt nicht locker und erklärt sich bereit, einen Großteil der technischen Investitionen aus eigener Tasche zu bezahlen. Wieviel - das ist bislang geheim geblieben. Gerüchte wollen von einer deutsch-englischen Koalition gegen die Franzosen wissen: MBB hätte angeboten, die 300 Millionen Dollar, die der British Aerospace-Streik gekostet hat, gemeinsam zu tragen, falls das Konsortium sich bei den Umzugskosten nach Hamburg beteiligen würde. Wie dem auch sei - Aerospatiale-Chef Henri Martre jedenfalls, der noch im Oktober die MBB-Manager als „industrielle Absurdität“ gegeißelt hatte, bezeichnete das am Freitag geschlossene Abkommen als „korrekt“, sprich: Es wird sein Unternehmen keinen Sous kosten.

Know-how-Transfer?

Weshalb MBB sich den Luxus einer bundesdeutschen Endmontage soviel kosten läßt? Die französische, vor allem aber die Toulouser Öffentlichkeit gibt sich keinem langen Rätselraten hin. Motto: Wer sich wiedervereinigt, will auch in der Luftfahrtindustrie keine halben Sachen machen. Robert Blanco, Chef der CGT des Departements Haute-Garonne: „Es geht um die deutsche Hegemonie auf dem europäischen Flugzeugmarkt. MBB hat sich das Konsortium de facto angeeignet, dank seiner finanziellen Überlegenheit.“

Die CGT befürchtet, daß es zu einem Know-how-Transfer nach Hamburg kommt. Die Region mit einer Arbeitslosigkeit von 10 Prozent würde netto noch einmal 4.-5.000 Arbeitsplätze verlieren. Die Gewerkschaften von Aerospatiale hatten am Donnerstag zu einem Warnstreik aufgerufen, an dem sich 2.000 Arbeiter und Angestellte beteiligten. Ihre Furcht: daß MBB auch die Produktion des A-320 nach Hamburg verlegen möchte, sobald die Montageschienen erst einmal betriebsbereit sind. Ökonomisch wäre das nur rational.