DDR und UdSSR für Grenzvertrag mit Polen

■ DDR-Ministerpräsident Hans Modrow zu Besuch in Moskau: Einigkeit in der Diskussion über die polnische Westgrenze / Gorbatschow warnt vor „Wiederbelebung revanchistischer Pläne“ nach der Vereinigung beider deutscher Staaten: Das würde „Konsequenzen“ provozieren

Moskau (dpa) - Der Ministerpräsident der DDR, Hans Modrow, unterstützt den polnischen Vorschlag, in einem Vertrag die Oder-Neiße-Grenze zu garantieren. Das sagte DDR -Regierungssprecher Wolfgang Mayer gestern nach Gesprächen Modrows mit dem sowjetischen Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow in Moskau. Dieser Vertrag könne von beiden deutschen Staaten paraphiert und von der Regierung eines geeinten Deutschlands unterzeichnet werden.

Gorbatschow sieht nach Angaben des Sprechers des sowjetischen Außenministeriums, Gennadij Gerassimow, „ein gewisses Einlenken“ von Bundeskanzler Helmut Kohl in der Grenzfrage. Die UdSSR habe „Verständnis“ für den Wunsch Warschaus, an den Verhandlungen teilzunehmen. Polen sei ein „Land mit besonderem Interesse“ an diesem Vorgang. Warschau solle jedoch zu einem späteren Zeitpunkt hinzugezogen werden.

Nach Mayers Angaben waren sich die UdSSR und die DDR einig, daß „keine Frage, die Polen angeht, ohne Polen entschieden“ werden soll. Das gelte auch für die anderen Nachbarstaaten. Die „endgültige, völkerrechtlich verbindliche Anerkennung“ der polnischen Westgrenze sei für beide Seiten von „herausragender Bedeutung“, sagte Mayer. Modrow und Gorbatschow meinten, daß eine Einbindung Deutschlands in die Nato „nicht akzeptabel ist, da dadurch Grundfragen der europäischen Sicherheit und Stabilität berührt“ würden.

Nach Angaben der amtlichen sowjetischen Nachrichtenagentur 'Tass‘ warnte Gorbatschow in dem Gespräch mit Modrow vor „Wiederbelebung revanchistischer Pläne“ nach einer Vereinigung der beiden deutschen Staaten: „Wenn jemand versuchen will, die Wiedervereinigung Deutschlands zur Wiederbelebung revanchistischer Pläne zu benutzen, dann wäre das eine verantwortungslose Politik, die zu sehr ernsten Konsequenzen führen könnte.“ Gorbatschow betonte, daß die deutsche Einheit die Interessen anderer Nationen Europas und „natürlich“ die Unverletzlichkeit der Nachkriegsgrenzen berücksichtigen müsse.

Modrow und Gorbatschow sprachen zunächst unter vier Augen. Dann kamen auch die zwölf DDR-Minister, die ihn begleiteten, hinzu. Am Vormittag hatte der DDR-Regierungschef zunächst mit seinem sowjetischen Amtskollegen Nikolai Ryschkow Wirtschaftsfragen erörtert - auch zu DDR-Verpflichtungen gegenüber der UdSSR. Nach ZDF-Informationen hat Modrow Gorbatschow gebeten, daß die UdSSR bei den kommenden internationalen Konferenzen Bedingungen für die deutsche Einheit stellt und einen Fortbestand wichtiger Teile der DDR -Eigentumsordnung durchsetzt.