„Eigentlich ganz liebe“ Totbeißer

■ „Verhaftete“ Killerhunde wieder frei / Besitzerchen: „Doch nur 'ne Katze plattgemacht“

Zwei überführte Totbeißer sind nach nur acht Tagen hinter Gittern wieder auf freier Pfote. Viele Menschen, die die beiden kennengelernt haben, sind der Ansicht, daß die Totbeißer „eigentlich ganz lieb “ und „völlig normal sind “. Die beiden Lieben fielen ihr Opfer am 23. Februar auf offener Straße an und zerfleischten es vor den Augen der PassantInnen.

Die Totbeißer hören auf die Namen „Biggy“ und „Kid“, gehören der Rasse der Rottweiler an und sind die besten Freunde ihres Herrchens Manfred Hintzsche. Seit November 1987 arbeiteten die beide Hunde eifrig daran, mit dem Vorurteil „Hunde die bellen, beißen nicht“, aufzuräumen. Sie fielen mindestens sechs Menschen an, bissen sie und verletzten sie böse. Als sie dann am 23. Februar noch einer Nachbarskatze den Garaus machten, schritt endlich das Stadt und Polizeiamt ein und steckte die Hunde ins Tierheim an der Hemmstraße - die terrorisierten Anwohner atmeten auf.

Endlich mußten sie keine Angst mehr haben, ihre Kinder auf die Straße zu schicken. Aber die Zeiten, in denen Friede auf Hastedts Straßen herrschte, währten wohl nur acht Tage. Gestern konnte der treueste Freund der beiden Hunde, Manfred Hintzsche, seine Tiere abholen. Vielleicht mit der Folge, daß sie auch morgen wieder kraftvoll zubeißen werden.

Manfred Hintzsche hat es geschafft, seine Hunde wiederzubekommen, indem er ein neues Grundstück für seine Hunde einrichtete, das nach Ansicht des

Stadt- und Polizeiamtes eine sichere Hundehaltung gewährleistet. Manfred Hintzsche ist „froh, daß nun endlich alles vorbei ist“ und versteht den ganzen Rummel nicht: „Die Hunde sind ganz normal, die haben ja nichts anderes gemacht, als eine Katze plattzumachen. Hunde und Katzen sind nun mal natürliche Feinde.“ Natürliche Feinde hat Manfred Hintzsche jetzt auch: Die Anwohner demonstrierten bereits am 26. Februar gegen die Haltung der Rottweiler und werden wohl gegen eine neuerliche Einquartierung der Hunde in Hastedt protestieren. Der Anwohner Arnold Westendorf staunte nicht schlecht, als er hörte, daß die Tiere wieder zu Herrchen dürfen: „Ich glaube nicht, daß man die Tiere wieder zurückgibt. Sie können doch nicht jemanden, der gestern einen Banküberfall verübt hat, einen Tresor bewachen lassen. Dieser Mann ist doch garnicht fähig, die Hunde zu halten.“

Arnold Westendorf hat selbst einschlägige Erfahrungen mit den Hunden gemacht: „Ich war Augenzeuge, wie Kinder geschrien haben, die gesehen haben, wie die Katze zerfleischt wurde.“ Westendorf ist sauer auf die Beamten, die Kinder wieder solchen Situationen aussetzen: „Die Verantwortlichen können sich anscheinend gar nicht vorstellen, was sie hier anrichten.“

Die Vorstellungskraft der Verantwortlichen ist tatsächlich nicht sonderlich groß. Herr Leidek vom Stadt- und Polizeiamt glaubt nicht, daß die Tiere etwas anstellen: „Ich habe die Tiere ja gesehen - das sind keine Bestien. Und der Hundehalter zeigt ja mit der Einrichtung des neuen Grundstückes seinen guten Willen.“ Daß die Hunde sich außerhalb des Grundstückes losreißen könnten, kann er sich ebenfalls kaum vorstellen: „Wenn sie so denken, müßten sie jeden Hund in Gewahrsam nehmen.“

Woher dieses Vertrauen in die Hundehalterqualitäten des Herrn Hintzsche rührt, ist nicht ganz nachzuvollziehen. Schon einmal kam dieser seinen Herrchen pflichten nicht nach: Seit dem 23. Januar besteht für die Hunde Leinen- und Maulkorbzwang. Vier Wochen später killten die Hunde die Katze, ohne daß eine Leine oder ein Maulkorb in der Nähe waren.

Arnold Westendorf, der sich selbst nicht als Sprecher, sondern als „Transformationsriemen der betroffenden Nachbarn“ bezeichnet, liefert ein Psychogramm des Hundehalters: „Hintzsche ist ein Mann, der sich überhaupt nicht in das Sozialgefüge der Menschen einfügt.“ Aber auch Hintzsche hat seine Zweifel an der Menschlichkeit seiner Gegner: „Ich kriege die schmierigsten Drohbriefe. Alle anonym. Was da drin steht, das kann man gar nicht sagen. Das muß ein perverses Stück sein, der sowas schreibt.“ Gut möglich, daß Manfred Hintzsche noch ganz andere Dinge erleben wird. Arnold Westendorf: „Wenn die Hunde hier wieder frei laufen dürfen, dann wird hier viel passieren. Zwergenaufstand wäre dafür ein gelindes Wort“. David Safie