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Riesen Investitionsbedarf im Bau

■ Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie sieht mit je 300 Milliarden DM Investitionsvolumen für Umweltschutz und Wohnungssanierung ein Betätigungsfeld / Büro in Berlin gegründet / Kontaktbörse geplant

Bedeutende Impulse für künftiges Wachstum erwartet die Bauindustrie in der BRD aus den Chancen des Umbruchs in Osteuropa, vor allem in der DDR. Der Baubedarf ist „riesengroß“, heißt es in einer Einschätzung des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Das gelte ebenso für die Übertragung von Know-how. Durch die jüngste Entwicklung seien Investitionen in der öffentlichen Infrastruktur noch wichtiger geworden. Die Annäherung der beiden Deutschen Staaten mache leistungsfähige Ost-West -Verbindungen für den Straßen- und Eisenbahnverkehr erforderlich. Allein für die geplante Schnellbahnstrecke Hannover-Berlin seien Investitionsmittel von drei bis vier Milliarden DM bereitzustellen. In der DDR würden die Verkehrsträger „Schiene und Straße“ den Anforderungen einer modernen Industriegesellschaft „in keinster Weise gerecht“, meint der Verband. Abgesehen von qualitativen Mängeln sei zum Beispiel das Gleisnetz der Deutschen Reichsbahn nur zu einem Viertel (Bundesbahn: zwei Fünftel) elektrifiziert. Unterbau und Straßendecken wichtiger Fernstraßen seien einer Zunahme des Schwerlastverkehrs nicht gewachsen. Der Verband fordert daher einen Gesamtverkehrsplan, nach dem die wichtigsten Infrastrukturlücken zu schließen seien und die Grenzübergänge zügig ausgebaut werden müßten. Das DDR -Autobahnnetz solle „flächendeckend“ mit dem westdeutschen verbunden werden. Die fernmeldetechnische Infrastruktur der DDR ist veraltet, die Anschlußdichte gering. An modernen Kommunikationsmitteln wie Telefax, BTX oder Datex fehle es.

Besonders groß sei der Bedarf an Investitionen für den Umweltschutz sowie in der Energiewirtschaft. Allein zur Behebung der schlimmsten Umweltschäden müßten in den nächsten 20 Jahren etwa 300 Milliarden DM aufgewendet werden. Zur Modernisierung der Energiewirtschaft seien weitere 50 bis 100 Milliarden DM erforderlich. Um diese Anforderungen umzusetzten, hält die Bauindustrie der BRD einen langfristigen Transfer bauindustrieller Umwelttechnik für erforderlich.

Die Wohnungsversorgung in der DDR sei „katastrophal“. Mehr als zwei Fünftel von den sieben Millionen Wohnungen sei vor 1919 (in der Bundesrepublik: knapp ein Fünftel) gebaut. Die Erhaltung des Bestandes sei „völlig“ vernachlässigt worden. Nach - allerdings groben - Schätzungen beliefen sich allein die Sanierungskosten für den Wohnungsbestand auf rund 300 Milliarden DM. Einen Anschluß an die zentrale Kanalisation gebe es nur bei 72 (BRD: 93) Prozent; an eine Kläranlage seinen 58 (89) Prozent der Wohnungen angeschlossen.

Zur Finanzierung wichtiger Infrastrukturprojekte von gemeinsamem Interesse hat der Verband einen Infrastrukturfonds vorgeschlagen.

Der Hauptverband, der ein Büro in Berlin gegründet hat, will die Kontakte schon auf der bevorstehenden Frühjahrsmesse in Leipzig im Rahmen einer deutsch-deutschen Kontaktbörse weiter verstärken. „Wir müssen historische Chancen nutzen, sagte dazu der Präsident des Verbandes, Hermann Becker.

Aus F.A.Z., 23. 2. 1990

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