DDR ist der größte Umweltverschmutzer

■ Minister Diederich zog Bilanz / Neues Forum und Grüne stellten Gutachten zur ökologischen Modernisierung vor / Energieverschwendung eindämmen

Die katastrophale Wirtschaftspolitik der alten Staatsführung führte die DDR an den Rand einer ökologischen Katastrophe. Dies erklärte Umweltminister Peter Diederich (DBD) in einer „Bilanz der Umweltpolitik seit der Wende“, die er gestern der Presse vorstellte. 310 Millionen Tonnen Braunkohle werden derzeit jährlich in der DDR abgebaut. Die Folge: 5,2 Millionen Tonnen Schwefeldioxid werden in die Luft geblasen, 2,2 Millionen Tonnen Staub entstehen. Die DDR ist damit der größte Schwefeldioxid-Emitteur Europas. Ein anderes Beispiel: 14% aller Abwässer aus Industrie und Haushalt gelangen völlig ungereinigt in die Flüsse und Seen. Von den insgesamt 10.300 Trinkwasser-Schutzgebieten sind 1.700 gefährdet oder beeinträchtigt, z.B. durch den Eintrag von Salzen aus Kali-Halden oder durch Gülle-Verunreinigungen. Die Hauptquelle für die Verschmutzung des Grundwassers liegt damit in der Landwirtschaft. Überdüngung, ungünstige Ausbringungsmethoden für Agro-Chemikalien, aber auch übermäßige Bewässerung haben dazu geführt, daß jährlich je Hektar 28 Kilogramm reiner Stickstoff in das Grundwasser gelangen.

Diederich erklärte, ein ökologischer Umbau der Gesellschaft sei erforderlich. Ministerpräsident Modrow hatte in seiner Regierungserklärung am 17.11.89 erklärt, in der DDR müsse „Ökonomie und Ökologie in Einstimmung gebracht werden“. Diederich konnte allerdings nicht darlegen, was in den Wochen seiner Amtszeit praktisch erfolgt sei. Im Ministerium, berichtete er, seien Veränderungen vorgenommen worden. In der Hauptabteilung Landnutzungsplanung wurden 48 Stellen geschaffen.

Neues Forum und Grüne haben gestern ihre Vorstellungen für die ökologische Modernisierung der DDR-Energiewirtschaft vorgestellt. Der Schadstoffausstoß, so die Experten der Oppositionsgruppen, sei weitaus höher und gefährlicher als von der Regierung angegeben. Die Kosten des Einsatzes der Kernenergie seien aber nicht beherrschbar. Als Ausweg nannten sie vor allem einen Abbau der Energieverschwendung. Bei der Braunkohleverstromung besteht derzeit ein Wirkungsgrad von 3%.

Der Minister ohne Ressort, Se bastian Pflugbeil (Neues Forum) erklärte, die DDR habe dringend „fachliche Unterstützung“ aus dem Westen nötig. Das, was die eigenen Energieprofis bisher ausgearbeitet hätten, sei „das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt wurde“.

Nach dem im Westen gegebenen Stand der Technik halten die Experten eine Reparatur der Großkraftwerke nicht für sinnvoll. Vielmehr sollen dezentrale Blockheizkraftwerke gebaut werden, die mit Erd- oder Biogas betrieben werden und gleichzeitig Strom- und Heizwärme erzeugen. Ihr Wirkungsgrad liegt bei 80%.

db/kw