Kreative Musikkultur

■ Heute in der kleinen taz-Reihe zur „Lage“ der Musik(ausbildung) in Bremen: „Projektgruppe Neue Musik“

Ziel sei es, „innovativ an Ausbau, Verstärkung und Vernetzung der lokalen Infrastruktur Bremens im Bereich kreativer, zeitgenössischer Musikkultur und deren wirkungsvoller Vermittlung zu arbeiten“, so heißt es unter §2 („Zweck des Vereins“) der Satzung der „Projektgruppe Neue Musik e.V.“ (PGNM), deren Mitglieder sich aus Bremer Journalisten, Konzertveranstaltern, Komponisten und Musikwissenschaftlern zusammensetzen.

Neue Musik:

Scheinexistenz

Ausschlaggebend für die organisierte Zusammenarbeit der Mitglieder war, grob gesagt, die Einsicht, daß die Bedingungen, unter denen die Neue Musik in Bremen ihre bisherige Scheinexistenz führt, dringend einer Verbesserung bedürften.

Einzig Radio Bremen widmet sich mit dem „Bremer Podium“ und der „pro musica nova“ kontinuierlich der Neuen Musik: während ersteres im wesentlichen aber nur ein Präsentationsforum ist, leidet die „nova“ seit geraumer Zeit unter einem Niveauverlust, der sie zunehmend als reine „Gewohnheit“ erscheinen läßt.

Demgegenüber geben die Philharmonie ( eklatante Unkenntnis der wichtigen Tendenzen und entscheidenden Strömungen innerhalb der zeitgenössischen Musik) und Musikhochschule ( weitgehende Ignoranz und grenzenloses Mißtrauen allem Neuen gegenüber) ein kaum mehr zu un

terbietendes Bild ab.

Aus diesem tristen „Bremer Alltag“ hat nun die PGNM den Schluß gezogen, daß es notwendig sei, einerseits vom Primat der reinen Darbietungskultur Neuer Musik abzurücken, und andererseits konzeptionell völlig neue Überlegungen anzustellen, die eher spartenübergreifender Natur sind.

Seit der offiziellen Gründung der PGNM im Februar letzten Jahres trat die Gruppe - neben einigen kurzen Pressenotizen

-allerdings erst einmal öffentlich in Erscheinung, und zwar in Verbindung mit dem „Musikfest Bremen“. Mangelnde Kooperation, unzureichende Berücksichtigung ihrer Vorschläge und kulturpolitische Bedenken bewogen die PGNM jedoch, trotz einjähriger Vorbereitung von einer Beteiligung am „Musikfest Bremen“ zurückzutreten.

Verquickung von

Theorie und Praxis

Im Zentrum der Arbeit steht die gründliche Vorbereitung und Durchführung von Projekten zum Thema „Zeitgenössische Musik“, die primär als Reflexionsforen, und nur sekundär als Präsentationsrahmen geplant sind.

Sinnvollerweise könnte man von einer Begegnungsstätte für Komponisten, Interpreten, Theoretiker und Publikum sprechen, die eine kontroverse Auseinandersetzung über ästhetische und gesellschaftliche Hintergründe der Neuen Musik ermöglichen

soll.

Konkret ist darunter die möglichst bruchlose Verquickung von Theorie und Praxis zu verstehen, also daß Reflexion über Neue Musik und deren Aufführung während der Veranstaltungszeit unmittelbar ineinandergreifen.

Annäherungen

Neben diesem Schwerpunkt verfolgt die PGNM zwei weitere

Stränge in ihrer Tätigkeit:

(1) Rezeptionsbereitung auf lokaler Ebene; d.h. möglichst kurzfristig die Annäherung an und Kooperation mit dem Musikunterricht an den Bremer allgemeinbildenden Schulen, und

(2) die mittelfristig beabsichtigte Gründung eines Bremer Institutes für Neue Musik, daß ähnlich der Akademie für Alte Musik über Kurse und Workshops eine Aus

und Weiterbildungskonstante für Neue Musik in Bremen etablieren will.

Zur Zeit versucht die Gruppe - und da geht es ihr in Bremen wie allen anderen Kulturinitiativen auch - mit der senatorischen Kulturbehörde die Arbeits-und Finanzvoraussetzungen für das in diesem Jahr anstehende, erste Projekt zu klären. H.Schmid