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Frankreich stärkt Polen den Rücken

■ Mitterrand fordert Beteiligung Polens bei Sechserkonferenz / Grenzen noch vor Vereinigung völkerrechtlich absichern

Paris (taz) -Die Nachbarn des neuen Deutschlands üben Solidarität: Frankreich wird bei der „4+2„-Konferenz am 14.März verlangen, daß ein siebter Stuhl für Polen an den Tisch gerückt wird. Polen könne zwar, so Präsident Fran?ois Mitterrand am Freitag abend, nicht den gleichen Status haben wie die anderen Teilnehmer, müsse aber an allen Arbeiten „beteiligt“ werden, die es beträfen. Damit hat Frankreich die neue polnische Position vollständig übernommen. Ursprünglich hatte Polen eine in allen Punkten gleichberechtigte Teilnahme an den Verhandlungen verlangt.

Mitterrand hatte sich am Donnerstag mit dem SPD -Ehrenvorsitzenden Willy Brandt und am Freitag mit Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki und Präsident Wojiech Jaruszelski in Paris getroffen. Bei der abschließenden Pressekonferenz ließ er keinen Zweifel daran, daß Frankreich einerseits ein neues „Jalta“ verhindern will, bei dem Großmächte über den Kopf der indirekt betroffenen Staaten Entscheidungen treffen, und daß es andererseits auch nicht mehr bereit ist, sich mit rhetorischen Eiertänzen aus dem Kanzleramt abspeisen zu lassen.

Ebenso wie seine polnischen Gäste hält Mitterrand die Bundestagserklärung zur Oder-Neiße-Grenze für unzureichend: „Frankreich betrachtet die Oder-Neiße-Grenze als unberührbar. Jede Erklärung, die das nicht klar sagt, ist ungenügend. Frankreich unterstützt also die polnische Forderung, daß diese Unberührbarkeit in einem internationalen Vertrag ausgesprochen und festgeschrieben wird. (...) Dieser Vertrag muß so schnell wie möglich ausgehandelt werden, und in jedem Fall vor der wahrscheinlichen Vereinigung der beiden deutschen Staaten“, sagte Mitterrand.

Die Bundesregierung hat bisher jede juristische Festlegung zur Grenzfrage vor einer Vereinigung ausgeschlossen. Schon im Dezember hatten sich die Beziehungen zwischen Kohl und Mitterrand deutlich abgekühlt, als im „Zehn-Punkte-Plan“ nicht als elftes Gebot die Unberührbarkeit der Nachkriegsgrenzen enthalten war, wie der französische Präsident erwartet hatte.

smo

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