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„Kompromiß“ zum Datenschutz

■ CDU/CSU in FDP einigen sich über Änderungen einer Novelle des Datenschutz- und Verfassungsschutzgesetzes / Gesetzeswerk soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden

Bonn (taz) - Der schwelende Bonner Koalitionsstreit um ein neues Datenschutzgesetz und geplante Geheimdienstgesetze scheint beigelegt: CDU/CSU einerseits und FDP andererseits haben sich gestern auf mehrere Änderungsvorschläge zu den seit vergangenem Frühjahr vorliegenden Gesetzentwürfen geeinigt. Die Datenschutzbestimmungen seien zu streng, die Befugnisse der Nachrichtendienste zu gering - dies hatten die Unionsfraktionen wie auch die Geheimdienste selbst den vorliegenden Regierungsentwürfen vorgeworfen.

Liberale und Datenschützer hingegen fanden den Schutz personenbezogener Daten in den geplanten Gesetzen mangelhaft, die Möglichkeiten der Geheimdienste ungerechtfertigt groß. Die nun zu ändernden Entwürfe sollen noch 1990 verabschiedet werden. Mit ihren Änderungswünschen durchgesetzt haben sich auf den ersten Blick beide Seiten: Anders als im vorliegenden Regierungsentwurf soll nun das Datenschutzgesetz auch für Daten in Akten gelten. Bisher war lediglich geplant, nur Daten in Dateien zu schützen. Auch will man nun nicht mehr nur die Verarbeitung und Nutzung, sondern auch die Erhebung von Daten in dem Gesetz regeln.

Allerdings: Das Auskunftsrecht über die Daten eines Betroffenen gegenüber den Geheimdiensten scheint entgegen den Forderungen von Datenschutzbeauftragten nicht erweitert. Außerdem soll der Datenschutzbeauftragte des Bundes künftig nur noch alle zwei Jahre seinen Bericht vorlegen. Wenig ändern wird sich scheinbar beim geplanten Verfassungsschutzgesetz. Methoden und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung müssen nur in einer Dienstvorschrift, nicht aber in einem Gesetz benannt werden

-und dies heißt, der Gesetzgeber bestimmt sie nicht und kontrolliert sie auch nur unzureichend. Das Abhören privater Telefone soll dem Verfassungsschutz nur noch zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen möglich sein. Die Übermittlung von Daten zwischen Verfassungsschutz und anderen Behörden allerdings wird eher ausgeweitet: Ursprünglich sollten alle Behörden berechtigt, die Polizei verpflichtet werden, den Verfassungsschutz interessierende Daten zu übermitteln. Nun will man die allgemeinen Behörden zur Mitteilung an den VS verpflichten, wenn man folgendes zu sehen glaubt: “ ... Bestrebungen... durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen, die freiheitlich demokratische Grundordnung... zu gefährden...“

Ferdos Forudastan

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