Das ist ja voll irisch

■ Irlandwoche in Bremen bis zum 21. / Mehr Kommerz als Irland

Dublin 1928: James Fithmournis und Hauptmann Köhl von der Reichswehr winken ein letztes mal der anwesenden Presse zu, bevor sie wagemutig ihre Junker-Propellermaschine besteigen. Der Bremer und der Ire starten zu einem Flug, der ihnen ein Platz in den Geschichtsbüchern einbringt. Sie überqueren als erste Menschen den Atlantik per Non-Stop-Flug von Ost nach West und landen, begleitet von dem Jubel tausender Schaulustiger, in New York.

Bremen 1990: Seine Exzellenz, der Botschafter von Irland in der BRD, Kester William Haeslip, und der Präsident der bremischen Bürgerschaft, Dr. Dieter Klink, lächeln der anwesenden Presse zu und beschwören den Geist des „ersten deutsch-irischen Joint-Venture“ von 1928, bevor sie lustlos die Irlandwoche in Bremen eröffnen. Der Bremer und der Ire tauschen Komplimente aus, von denen sie tief in ihrem Herzen wissen, daß sie nicht stimmen. Kester William Heaslip: „Bremen ist das Tor zur Welt.“ Da lächeln die anwesenden Damenschaften artig, wohlwissend, daß Bremen auch für Iren höchstens Hinterpförtchen sein kann.

Und so eröffneten die beiden Matadore der Komplimente, unter dem artigen Applaus weniger geladener Gäste, die Irlandwoche in der unteren Rathaushalle. Diese begann dort gestern morgen mit einem Gedichtvortrag von Ian Watson, Dozent an der Bremer Uni, der Gedichte schreibt, in denen er seine Gefühle als irischer Bremer beschreibt (siehe Kasten).

Unbeschreiblich hingegen ist die Irland-Ausstellung, die parallel zu der Irlandwoche in der Unteren Rathaushalle zu sehen ist. Die anfangs sicherlich noch geneigte Besucherin erblickt als erstes jede Menge kitschiger Farbfotos. Bilder von idyllisch-fröhlichen Kindern, idyllisch-fröhlichen Musikern und idyllisch-fröhlichen Schafen hängen da zwischen den Fotos von idyllisch-fröhlichen Häusern. Als nächstes erblickt sie eine kleine Bilder-Ausstellung. Kommt man dieser zu nahe, bedrängt einen ein fröhlicher Ire, der einem einen Prospekt über die idyllischen Bilder in die Hand drückt: „Here is information about the artists and their pictures,

so I give it to you“. Die „pictures“ haben so schöne Namen wie „Wandern in dem Geheimnis der lebenserzeugenden Gezeiten“, „Schatten von des Dichters Seele“ oder „Apfel“. Meistens handelt es sich dabei um Landschafts-oder Blumenbilderchen.

Erholen kann sich die poetisch-reizüberflutete Bremerin bei Guiness-Bier, Irish Coffee oder Irish Whiskey, bevor sie dann beim weiteren Vordringen in den Ausstellungsraum in die touristische Großoffensive gerät. Ein riesiger Tourismusstand informiert mit Broschüren in allen erdenklichen Formaten über die Vorzüge eines großen Reiseveranstalters. Einen Stand weiter kann frau all das

über Sprachkurse in Donegal erfahren, was sie sowieso nie wissen wollte.

Abgerundet wird diese nette Ausstellung durch einen Verkaufsstand, an dem es sündhaft teure Karamelbonbons, sündhaft teuren Senf und sündhaft teure Kekse gibt. Des weiteren kann sie sich eine kleine irische Gesteinssammlung anlegen, mit Basalt, Granit und allem, was das Geologinnenherz sonst noch begehrt. Einkleiden kann sie sich dann noch mit einem irischen Häubchen und irischen Pullis, die auf einer Webmaschine neben dem Stand demonstrativ gewoben werden. Ganz so, wie in Worpswede. Ähnlich kommerziell geht die Irlandwoche weiter.

Irlands nationale Fluggesellschaft informiert über Flüge nach Irland. Ein Reiseunternehmer berichtet über Boot und Wanderurlaub, ein Reeder über Seefrachtverkehr und die Irische Fremdenverkehrszentrale über Urlaub in Irland allgemein. Aber Kultur gibt es neben dem Kommerz natürlich auch (s. Musikkasten unten). Die Kulturveranstaltungen kann man leicht von den anderen unterscheiden: Sie kosten als einzige Eintritt. Im Kommunalkino laufen dann noch drei irische Filme und einige Professoren halten Vorträge über die Geschichte Irlands.

David Safie