Die Anderen

■ Berliner Zeitung: Vor den Wahlen in der DDR / La Republicca: DDR-Regierung wird nur Provisorium sein / EL Pais: SPD besser für Einigungsprozeß

Berliner Zeitung

Vor den Wahlen in der DDR:

An diesem Sonntag ist es soweit: Die Bürger der DDR haben endlich das Recht, als mündige Bürger zwischen unterschiedlichsten Kandidaten, Parteien und Programmen zu entscheiden... Die Wahlordnung verlangt, daß ... das Volk einen Tag Zeit hat, sich zu besinnen, bevor ein jeder sein Kreuz setzen darf. Eine sehr sinnvolle Maßnahme. Denn ... in der Politik gelten bestimmte Normen des gesellschaftlichen Lebens nicht. Ein simples Bügeleisen, das nicht, wie versprochen, funktioniert, kann man zurückgeben, nachbessern lassen oder notfalls sein Geld zurückverlangen. Bei einem Politiker geht das nicht. Mit dem muß man bis zur nächsten Wahl leben. Und wenn man ein Reisebüro verklagen kann, weil sich der Sonnenstrand in der Werbebroschüre als langer steiniger Weg erweist, dürfen Parteien vor der Wahl das Blaue vom Himmel versprechen - niemand kann sie rechtlich belangen, wenn sie uns nach der Wahl im Regen stehen lassen.

La Repubblica

DDR-Regierung wird nur Provisorium sein:

Innnerhalb von genau fünf Monaten seit der Abdankung Honeckers hat sich in der DDR eine Revolution vollzogen. 40 Jahre kämpfte die DDR immer wieder um die Anerkennung ihrer Souveränität. Heute streben so gut wie alle 35 Parteien, ... selbst die PDS, die Erbin der SED, die Einheit Deutschlands an. ...Fast alle erhoffen sich von dieser Wahl, daß ... der Strom der Auswanderer versiegt. Eine demokratisch legitimierte Regierung soll das Wunder einer 'Perspektive‘ bringen und die Menschen zum Bleiben bewegen. Aber es ist unsicher, ob das funktioniert. Nicht nur, weil die ersten Zeiten einer Währungsunion hart werden für die Ostdeutschen. (...) Die einzige Medizin könnte ein rasches Wirtschaftswunder sein. Wenn das Reich Bismarcks eine 'Nation ohne Staatsidee‘ war, Weimar eine 'Demokratie ohne Demokraten‘, so kann diese DDR im Übergang nun wirklich kaum etwas Idealeres darstellen. In Wirklichkeit wird in der DDR ein Provisorium gewählt.

El Pais

SPD besser für Einigungsprozeß:

Die deutsche Einheit wird heute von ganz Europa akzeptiert. Aber Länder wie Frankreich, die UdSSR und Polen betrachten es als entscheidend, daß dies im Rahmen eines europäischen Einigungsprozesses und eines noch nicht ausgearbeiteten, neuen europäischen Sicherheitssystems geschieht. Die Konferenz 'Zwei plus Vier‘ steht kurz bevor. Danach kommt 'Helsinki 2‘, an der alle Länder Europas teilnehmen, um dem Kontinent ein Sicherheitssystem zu geben. Wenn die Sozialdemokratie bei den DDR-Wahlen siegt, würden auf deutscher Seite beim Einigungsprozeß Ruhe und Vernunft die Oberhand gewinnen. Die Zukunft wäre zweifelsohne düsterer, wenn die Urnen einen Aufschwung der nationalistischen Strömungen anzeigten.