Schwarze Götterdämmerung in Bayern

Bayerische Kommunalwahlen: SPD wittert Morgenluft / SPD-Erfolge in den Städten gute Grundlage für Landtagswahlen / Haushoher Sieg für Münchens SPD-OB / Zahlreiche Stichwahlen / Wermutstropfen: CSU-Sieg in Schwabenmetropole Augsburg / Grüne wenig erfolgreich  ■  Von Luitgard Koch

München (taz) - „Die CSU büßte fast überall Stimmen ein, während die SPD sich im Aufwärtstrend befindet“ - diese „Wende“ mußte am Tag nach den bayerischen Kommunalwahlen gestern selbst der CSU-nahe Bayerische Rundfunk melden. Die oft beschworene Götterdämmerung am CSU-Himmel scheint in greifbarer Nähe. „Die Zeiten der absoluten Mehrheit einer scheinbar alles beherrschenden CSU sind mit diesen Kommunalwahlen vorbei“, erklärte denn auch der bayerische SPD-Chef Rudolf Schöfberger auf der gestrigen Pressekonferenz in der Münchner SPD-Zentrale. Besonders stolz sind die Sozis auf ihr „Traumergebnis“ in der bayerischen Landeshauptstadt München. Der ehemalige „Juso -Fresser“ Georg Kronawitter drückte seinen eher müden Herausforderer, den CSU-Rechtsaußen und Regierungssprecher Jonny Klein mit 61,7 Prozent auf ein Mikroformat. Die OB -Kandidatin der Grünen erreichte hier nur 4 Prozent und lag damit hinter der Kandidatin der Reps, Frau Schönhuber.

Der Supersieg Kronawitters überraschte SPD und CSU gleichermaßen. So schlimm hatte sich selbst Pistolero Klein seine Wahlschlappe - er brachte es nur auf 26,2 Prozent nicht vorgestellt. Letztlich erreichte der „rosarote Schorsch“ noch 13 Prozent mehr als bei der Stichwahl vor sechs Jahren. Insgesamt legte die Rathaus-SPD rund drei Prozent zu, während die CSUler über zehn Prozent verloren. Während die Sozis bei ihrer Wahlparty am Sonntag bereits auf den Tischen tanzten, gab es dementsprechend lange Gesichter bei der Münchner CSU im Pschorrkeller. Gelassen zeigte sich lediglich der Verlierer Klein. „Demokratie ist auch, wenn man verliert“, gab der alerte Regierungssprecher von sich.

Aber auch die Frankenmetropole Nürnberg konnte die CSU nicht zurückerobern. Der erst im Herbst 1987 gewählte SPDler Peter Schönlein erzielte gleich im ersten Wahlgang mit 51,8 Prozent die absolute Mehrheit. Der ehemalige CSU -Wohnungsbauminister Oscar Schneider kam nur auf knappe 36 Prozent. Erfolgreich waren die Sozis diesmal sogar im tiefschwarzen Niederbayern. In der CSU-Hochburg Eggenfelden erreichte der bereits amtierende SPD-Kandidat ein Ergebnis, das sonst nur die CSU für sich verbuchen konnte, nämlich 70 Prozent. Die Sozialdemokraten können außerdem für sich verbuchen, daß es jetzt erstmals eine Oberbürgermeisterin in der Oberpfalz gibt. Mit 56,7 Prozent eroberte die SPD -Kandidatin Brigitte Seelbinder den Bürgermeistersessel. Verantwortlich für diese Schlappe der CSU scheint hier das Vertuschen eines Chemiefrabrikskandals.

Einen glänzenden Wahlsieg erreichte der SPD-Landrat Schuierer im Landkreis Schwandorf, der damit auch nach dem Aus für die WAA fest in sozialdemokratischer Hand ist. In Wackersdorf selbst wurde der bisherige SPD-OB jedoch durch einen CSUler abgelöst.

Auch überraschend viele Stichwahlen in den Städten erhöhen die Chancen der SPD. Besonders sensationell: der Erfolg der SPD-Landtagskandidatin Christa Meier in der konservativen Domstadt Regensburg. Die SPD-Bildungspolitikerin zwang den seit zwölf Jahren unangefochten regierenden CSU -Oberbürgermeister Friedrich Viehbacher mit ihrem Ergebnis von über 46 Prozent in die Stichwahl. Erstmals kommt es aber auch in der tiefschwarzen niederbayerischen Drei-Flüsse -Stadt Passau sowie im fränkischen Ansbach und Bad Kissingen zu Stichwahlen.

Vom Donner gerührt war auch der CSU-Oberbürgermeister Josef Höß aus Kempten, der sich plötzlich mit einem aussichtsreichen SPD-Kandidaten herumschlagen muß. Peinlich für die CSU ist auch die Stichwahl in Würzburg. Dort verlor die von der CSU aufgestellte Staatssekretärin aus dem bayerischen Sozialministerium, Barbara Stamm, haushoch. Einzig in der Schwabenmetropole Augsburg konnten die Schwarzen einen klaren Sieg einheimsen, was die bayerischen Städte betrifft. In der Beamtenstadt siegte der CSU -Kandidat, Peter Menacher bereits im ersten Durchgang gegen den konservativen Gewerkschaftler Fergg.

Mit diesen tendenziell positiven Ergebnissen verspricht sich die in Bayern ziemlich angeschlagene Sozialdemokratie auch eine gute Ausgangsposition für die Landtagswahlen im kommenden Herbst. Bei den vergangenen Landtagswahlen erreichten die Sozis nur knapp 27 Prozent. „Die CSU ist bei den Wahlen am Sonntag klar als die führende kommunalpolitische Kraft hervorgegangen“, behauptete dagegen CSU-Generalsekretär Erwin Huber ungerührt. Ministerpräsident Streibl erklärte, für die CSU sei es in den Städten schon immer schwieriger gewesen, und hofft auf die endgültigen Ergebnisse auch vom flachen Land, die bis Mittwoch vorliegen sollen. Die SPD führt ihre Erfolge vor allem auf eine Verjüngungskur und die Einhaltung der Frauenquote zurück. Die Grünen wurden in zahlreichen Gemeinden von den „Republikanern“ überrundet. Sie konnten nur in ausgewählten Kommunen gute Ergebnisse erzielen, so zum Beispiel in Erding, wo sie gleich 30 Prozent bekamen.