Zusammengekniffene Knie

■ De Maiziere hatte bei RTL-Talkshow in Ost-Berlin wenig zu sagen

Berlin (taz) - Für die Beleuchter nahmen erst einmal sechs unscheinbare Damen in den schweren Sesseln Platz. Was sie über den Ausgang der DDR-Wahlen denken, wäre gewiß spannender gewesen, als die zum Überdruß gehörten Worte der prominenten Herrenrunde, für die sie die Plätze anwärmten. RTL-plus hatte am Montag abend Politiker, Vertreter der Alliierten und Publizisten zu einer Talkshow ins Ostberliner Grand Hotel geladen. Lothar de Maiziere, Außenminister Genscher, Alfred Grosser, der britische Verleger Lord Weidenfeld, Valentin Koptelzew, Mitglied des ZKs der KPdSU und via Satellit Henry Kissinger aus Washington.

Der zukünftige CDU-Ministerpräsident war noch in letzter Minute gegen den Dresdner Bürgermeister Wolfgang Berghofer ausgetauscht worden. Wegen des überwältigenden Wahlsiegs der DDR-CDU schien diese Umbesetzung zwar gerechtfertigt, dem Unterhaltungswert der Show hat es dagegen nur geschadet. Die meiste Zeit saß de Maiziere mit zusammengepreßten Knien stumm da, während die großen Herren die weltpolitische Lage kommentierten. Genscher bekräftigte erneut seine Vorstellungen von einem behutsamen Zusammenwachsen der beiden deutschen Staaten, Kissinger monierte, daß im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung zu wenig über die USA gesprochen werde und Koptelzew wiederholte Gorbatschows Einverständnis zur deutschen Einheit. Der Gedanke an eine zukünftige riesige Wirtschaftsmacht Deutschland läßt die Sowjets sogar selbst an eine EG-Mitgliedschaft denken. Die spitzesten Pointen landete der französische Politologe Grosser. Er kritisierte zurecht die eurozentristische Weltsicht der Runde und wies, an de Maiziere gerichtet, auf die merkwürdige Situation hin, daß mit dem CDU-Wahlsieg bei den ersten freien Wahlen in der DDR eine 40 Jahre angepaßte Blockpartei gewonnen hätte. De Maizieres Erwiderungen kamen zögerlich. Erst auf Aufforderung der Moderatoren hob er das viel zu leise Stimmchen. Er könne „nur als Privatperson sprechen“. Doch auch der private de Maiziere hatte keine rechte Meinung zur Koalitionsfrage mit der SPD, zur militärischen Neutralität eines zukünftigen Deutschland („Ich glaube, das wäre nicht richtig.“). De Maizieres Tage sind schon gezählt. Denn weder auf der politischen Bühne noch im Talkshowsessel macht er eine gute Figur.

Ute Thon