Chorkonzert: Orlando di Lassos „Bußtränen des Heiligen Petrus“

■ Nicht nur für Asketen

Eine Karriere nach Wunsch: Als Zwölfjähriger bereits begleitete der 1532 geborene Orlando di Lasso den sizilianischen Vizekönig Ferdinand Gonzaga nach Italien. Mantua, Mailand, Neapel und Palermo waren einige der Stationen, die ihn schließlich nach Rom führten, wo er 1553 für ein Jahr die Chorleitung der päpstlichen Kapelle innehatte. Nach dem vergeblichen Versuch, seine inzwischen verstorbenen Eltern zu besuchen, erhält er 1556 in Antwerpen den Ruf an den bayerischen Hof in München: Hier wirkt er bis zu seinem Tod am 14. Juni 1594.

Mit zunehmendem Alter wendet sich Lasso vom Prunk des aristokratischen Hofes - an dem er bis dato teilgenommen hatte - ab und findet, gerade unter dem Eindruck der nachreformatorischen Zeit, zu einer wachsenden religiösen Innerlichkeit.

Die „Lagrime di San Pietro“ (Bußtränen des Heiligen Petrus) sind das letzte Werk, das der Komponist sechs Wochen vor seinem Tode beendete. Sie bestehen aus einem Zyklus von zwanzig siebenstimmigen Madrigalen über einen Text des italienischen Dichters Luigi Tansillo.

Im ersten Abschnitt wird Petrus, aufgrund seiner Verleugnung Christi‘, von unermeßlichen Selbstvorwürfen geplagt, die im zweiten Abschnitt todessehnsüchtigen Klagen Platz machen.

Der Zyklus endet dann mit einer Motette (Sieh, oh Mensch, was ich um dich erdulde), die die Betrachtungsweise umkehrt, gewissermaßen den (subjektiven) Selbstvorwürfen (objektive) Anklage gegenüberstellt.

Trotz der auskomponierten Klangsinnlichkeit ist dieses sehr selten aufgeführte Werk wegen seiner Sprödheit und Länge unter Umständen eine Tortur für die Hörer - gleichwohl ist es nicht nur Asketen und reuigen Sündern zu empfehlen. H. Schmid

Heute abend um 20 Uhr in der St.Pauli-Kirche, Gr. Krankenstraße, mit dem Canticum Antiquum aus Marburg