Bonn: Die DDR-Verfassung gilt

■ Im Gegensatz zu einem Teil der Unionsfraktion akzeptiert die Bundesregierung die geltende DDR-Verfassung / SPD: Juristische Spitzfindigkeit, um uns auszubooten / FDP: Sache der DDR

Bonn (ap) - Die DDR-Verfassung wird von der Bundesregierung anders als von Teilen der CDU/CSU als geltendes Recht angesehen. Bonn vertrete „bis zur Stunde“ die Auffassung, das die Verfassung des anderen deutschen Staates weitergelte, sagte Regierungssprecher Hans Klein am Freitag vor der Presse in der Bundeshauptstadt. Der Justitiar der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Manfred Langner, hatte dagegen am Vortag erklärt, die DDR-Verfassung sei als „reines Kampfinstrument der sozialistischen Unrechtsherrschaft null und nichtig“. Der jetzigen Volkskammer dürfe nicht die Fessel des früheren Unrechtsstaates angelegt werden.

Nach Angaben von Klein kamen Innen- und Justizressort übereinstimmend zu der Ansicht, daß die Verfassung gelte, auch wenn von manchen Staatsrechtlern und Politikern eine andere Auffassung vertreten werde. Bonner Regierungsjuristen hatten Langners Äußerungen als Versuch interpretiert, die DDR-SPD auszubooten, weil nach dessen Gesetzesinterpretation ein Beitritt der DDR zur Bundesrepublik ohne verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit und damit ohne die Sozialdemokraten möglich wäre.

Am Vortag hatte auch der Vorsitzende der Ost-CDU, Lothar de Maiziere, Fragen nach der Gültigkeit der DDR-Verfassung damit beantwortet, daß „wir damit leben müssen“. Der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Burkhard Hirsch, warnte in Bonn vor der „juristischen Scheinlogik“. Wer die Verfassung des anderen deutschen Staates für null und nichtig erkläre, behaupte das gleiche für die Volkskammerwahl, „die auf Grundlage der Verfassung vollzogen wurde“.

Bundesjustizminister Hans Engelhard ergänzte, es sei in erster Linie Sache der DDR, „ob und inwieweit sie sich an dortiges Verfassungsrecht gebunden fühle“. Nach den Worten von Engelhard ist es außerdem unabhängig von der rechtlichen Diskussion „politisch wünschenswert“, daß sich „alle wichtigen Entscheidungen auf dem Wege zur Vollendung der Einheit auf eine breite Mehrheit in der Volkskammer“ stützen könnten.In einer erklärung der Grünen meinten das DDR -Volkskammermitglied Wolfgang Ullmann und der Bundestagsabgeordnete Gerald Häfner, die Zweifel an der Gültigkeit der DDR-Ver fassung stellten alle bisherigen Versuche in den Schatten, der DDR ihre Legitimation zu entzie hen.