Ausbau der Demokratie-betr.: BRD-DDR, MitarbeiterInnen aus niedersächssichen Erwachsenenbildungseinrichtungen zur Frage des Zusammenschlusses beider deutscher Staaten

betr.: BRD - DDR. MitarbeiterInnen aus niedersächsischen Erwachsenenbildungseinrichtungen zur Frage des Zusammenschlusses beider deutscher Staaten

Art und Weise, Tempo und Stil der Behandlung dieser Frage durch die maßgeblichen Politiker erfüllen uns mit tiefer Sorge.

Wir befürchten, daß die friedliche Revolution durch die Menschen in der DDR von starken politischen Kräften in der BRD zum Anlaß genommen wird, die bundesrepublikanische Gesellschaftsordnung zum alleingültigen gesellschaftlichen Modell zu erklären. Wir schließen uns ausdrücklich der Auffassung des Bundespräsidenten an, der davor warnt, komplizierte geschichtliche und politische Probleme ausschließlich aus einer ökonomischen Perspektive zu betrachten.

Wir in der Bundesrepublik sollten die Entwicklung in der DDR auch als Herausforderung betrachten, unsere eigenen gesellschaftlichen Verhältnisse an den Postulaten des Grundgesetzes zu messen.

Selbstbestimmung und demokratische Kultur sind Prinzipien, die sich nicht nur auf das Gebiet der DDR beziehen dürfen.

Wirtschaft und Gesellschaft der BRD sind ebenfalls erneuerungs- und reformbedürftig. Wir erinnern in diesem Zusammenhang an die seit vielen Jahren bestehende hohe Arbeitslosigkeit, die ökologischen Probleme und die unzureichenden Mitbestimmungsrechte der ArbeitnehmerInnen bei Wirtschaftsentscheidungen.

Wir fordern deshalb, den Ausbau der Demokratie in allen gesellschaftlichen Bereichen in Ost und West zügig in Angriff zu nehmen.

Wir werden in unserer Bildungsarbeit verstärkt die Fragen aufgreifen, die sich aus der neuen Situation in der BRD und der DDR ergeben. Wir beobachten, daß die aktuelle Situation bei den Menschen in beiden deutschen Staaten und bei den europäischen Nachbarn nicht nur Freude auslöst, sondern auch von Ängsten und Irritationen begleitet ist, die ebenfalls Gegenstand von Bildungsarbeit sein müssen.

Vereinigungseuphorien und nationale Parolen sind dabei wenig hilfreich. Wir fordern deshalb von den Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft der BRD die Offenlegung aller Ziele und Probleme, sofortige Hilfe für die Menschen in der DDR, die Anerkennung der polnischen Westgrenze, Respektierung der Meinung und Würde Andersdenkender und Verzicht auf Selbstgerechtigkeit.

Dr.Wolfgang Beer, Ulrich Duderstadt, Herbert Thiede, Harro Läpple, Dr.Franz Stutz, Dr.Ingeborg Wegehaupt-Schneider, Monika Barz, Ingrid Proske, Ingrid Ellinghaus, Nichael Osann, Wolfgang Borchardt, Peter Fey, Horst Rövekamp, Gisela Wiarek, Dr.Wolfgang Wesely, Dr.Monika Schmidt, Shyam Shembekar, Martina Graupner-Kreutzmann, Dr.Jürgen Heinen -Tenrich, Niels Mauermann, Gabriela Köhn, Bernd Runge, Heinz H.Meyer, Rotraut Koll, Norbert Voß, Dr.Klaus Dera, Peter Minkwitz, Dieter Steinwedel, Inka Kirschstein, Konrad Vochezer, Jürgen Castendyk, Gisela Braun, Helmut Raich, Elke Urban, Prof.Dr.Horst Siebert, Karin Dronsch, Wilhelm Warner, Dr.Manuel Kiper, PD Dr.Rainer Brödel, Hans-Dieter Schröder, Dr.Wolf Schmidt, Ursel Isermann, Ulrike Dallmer-Aust, Edmund Schneider, Henning Radtke, Albert Kommer, Kirsten Handke, Monika Schuster, Anne Ebeling, Hans Hoffmann, Rainer Borkenhagen.