Knapp für de Maiziere

■ Die CDU-Fraktion wählte ihren Vorsitzenden / CDU will Schlüsselressorts in neuer Regierung / Innenministerium für SPD

Ost-Berlin (dpa/taz) - Noch bevor sie offizielle Koalitionsverhandlungen begonnen hat, legt die Ost-CDU bereits ihre Personalforderungen vor. Auf ihrer konstituierenden Sitzung beanspruchte die stärkste Fraktion in der neuen Volkskammer das Außen-, Wirtschafts-, Bildungs und Sozialministerium. Mit dem Versprechen, bei einer Regierungsbeteiligung der SPD könne für die Sozialdemokraten unter anderem das Innenministerium in Frage kommen, versuchte CDU-Generalsekretär Martin Kirchner gestern die Sozialdemokraten an den Verhandlungstisch zu locken.

Deutlich uneins zeigte sich die Fraktion bei der Wahl ihres Vorsitzenden. CDU-Chef Lothar de Maiziere soll die mit 163 Sitzen stärkste DDR-Parlamentsfraktion zunächst führen. Er erhielt aber überraschend wenig Stimmen. Nur 82 der 158 anwesenden CDU-Abgeordneten votierten für ihn. Auf seine zwei Gegenkandidaten, den Halleschen Wirtschaftswissenschaftler Prof. Kühne entfielen 43 Stimmen, auf die Berliner Ärztin Bergmann-Pohl 32 Stimmen. Es gab eine Stimmenthaltung. Nach dem Willen der Parteispitze soll de Maiziere den Fraktionsvorsitz auch nur bis zu seiner Wahl als DDR-Regierungschef inne haben. Der Vorstand hatte es am Montag abgelehnt, de Maiziere zu empfehlen, seine Ämter ruhen zu lassen, bis die Vorwürfe einer früheren Tätigkeit für die Staatssicherheit geklärt sind.

Die konstituierende Sitzung der Volkskammer soll nach dem Willen der Konservativen und Liberalen in der DDR für kommenden Dienstag einberufen werden. Darauf einigten sich die drei in der Allianz zusammengefaßten konservativen Parteien, sowie die drei liberalen Parteien LDP, FDP und Forumpartei. Bis zum Wochenende solle die SPD eine „definitive Antwort“ dazu geben, ob sie bereit ist, in Koalitionsverhandlungen einzutreten, forderten Allianz und Liberale.

CDU-Generalsekretär Kirchner warb erneut für eine Regierungsbeteiligung der SPD. Er halte das für „dringend erforderlich“. Der Tatbestand, vor dem die DDR stehe, gleiche einem „nationalen Notstand. Hier sollte man mit der Großen Koalition antreten“, meinte der CDU-Generalsekretär. Es dürfe nicht erneut ein Riß durch die Gesellschaft gehen. „Wir müssen auch hier jetzt nach dem Wahlkampf zu einer breiten Versöhnung in unserem Volke kommen“.