Mit Kartoffelboykott kontra Abtreibungsgegner

In Idaho wird die Legislative von zwei Seiten unter Druck gesetzt  ■  Aus Washington Rolf Paasch

Cecil Andrus, der demokratische Gouverneur des US -Bundesstaates Idaho, hat keine ruhige Minute mehr. Demonstranten und Lobbyisten aus beiden Lagern der Abtreibungsdebatte stören ihn in diesen Tagen selbst bei der Gartenarbeit. Die einen fordern ihn auf, das ihm vorliegende, restriktivste Abtreibungsgesetz aller US -Bundesstaaten zu unterzeichnen; die anderen schicken ihm einen halbleeren Kartoffelsack als Warnung: Wenn du dieses frauenfeindliche Gesetzeswerk unterschreibst - so lautet die unmißverständliche Botschaft - dann werden alle Befürworterinnen einer liberalen Abtreibungsregelung in Amerika keine Idaho-Kartoffeln mehr kaufen. Für den Staat, aus dem 27 Prozent der amerikanischen Erdäpfelproduktion stammen, eine deutliche Drohung. Aber auch die Abtreibungsgegner haben bereits ihren Gegenslogan entwickelt: „Wenn du das Leben liebst, iß‘ Idaho -Kartoffeln.“

Gouverneur Cecil Andrus ist grundsätzlich „für das Leben“, aber ob er jetzt ein Gesetz unterzeichnen soll, das 95 Prozent der in Idaho letztes Jahr durchgeführten 1.650 legalen Abtreibungen verboten hätte - da hat selbst er seine Zweifel. Das in der vergangenen Woche von einer Mehrheit des durchweg konservativen Bundesparlaments verabschiedete Gesetz ist von den Abtreibungsgegnern Wort für Wort so konstruiert worden, um die wankelmütige Richterin des Obersten Gerichts, Sandra O'Connor, für ihre Sache zu gewinnen. Als der Supreme Court im Sommer sein letztes Urteil zur Abtreibungsfrage verkündet hatte, waren es O'Connors Bedenken gewesen, die eine Aufhebung der 1973 im Fall „Roe gegen Wade“ etablierten grundsätzliche Abtreibungsfreiheit noch einmal verhindert hatte.

Stattdessen hatte das Gericht den einzelnen Bundesstaaten eine Einschränkung der liberalen Abtreibungsregelung erlaubt. Seitdem haben die „Pro Choice„-Befürworterinnen eine solche Einschränkung in Michigan, Minnesota und Florida erfolgreich verhindern können. In South Carolina und Pennsylvania dagegen konnte das „Pro Life„-Lager gewisse Restriktionen in den Parlamenten durchsetzen. Das Gouverneur Andrus vorliegende Gesetz würde eine Abtreibung dagegen nur noch bei gemeldeter Vergewaltigung, Inzest und einem deformierten Fötus erlauben. Andernfalls droht dem Arzt eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 Dollar.

Von der Frauenbewegung angefochten, werden die neuen Abtreibungsgesetze von Idaho und auch Guam (es sei denn, Gouverneur Andrus entschliesst sich zu einem Veto) vor dem Obersten Gerichtshof landen. Dort wird sich Richterin O'Connor dann wohl endgültig entscheiden müssen, ob sie die amerikanischen Frauen nach 17 Jahren liberaler Abtreibungspraxis in den 90er Jahren wieder zum Kurpfuscher schicken will. Derweil hofft die US-Frauenbewegung, daß die Ereignisse in Idaho jetzt auch die Frauengeneration politisch aktiv werden läßt, die das Recht auf Abtreibung bisher als ihr selbstverständliches Recht angesehen hat.