Cattenom einmalig

■ Französisches AKW in keinem anderen Land genehmigungsfähig

Luxemburg (taz) - Der Protest gegen die französische Atomzentrale in Cattenom nimmt in Luxemburg die Züge einer Volksbewegung an. VertreterInnen von 55 Städten, darunter die Bürgermeisterin der Hauptstadt Luxemburgs, legten jetzt ein von ihnen gemeinsam mit sieben Umweltverbänden beim Darmstädter Öko-Institut in Auftrag gegebenes Gutachten zur Genehmigung der Atomzentrale vor. Ergebnis: Die vier Cattenom-Reaktorblöcke würden weder in Luxemburg noch in der BRD noch im großzügigen Großbritannien genehmigt. Zudem verstoße Frankreich mit seiner Genehmigungspraxis gegen das Minimierungsgebot bei der Abgabe radioaktiver Stoffe und damit gegen europäisches Recht.

Den französischen Strahlenschutznormen liegen, so das Ergebnis der von Christian Küppers erstellten Studie, veraltete Berechnungsverfahren zugrunde. So seien in Frankreich 17fach höhere Belastungen der Bevölkerung durch Tritium, 56fach höhere Belastungen durch Aufnahme von Strontium 90 und 47fach höhere Belastung durch Jod 131 zugelassen.

Sprecher des federführenden luxemburgischen „Mouvement Ecologique“ betonten ihre Absicht, mit Hilfe der Studie weitere Gerichtsverfahren gegen die Genehmigung Cattenoms anzustrengen. Die Studie stützt auch Behauptungen anderer Wissenschaftler, nach denen der Betrieb Cattenoms gegen das im Euratom-Vertrag festgelegte Minimierungsgebot bei der Abgabe radioaktiver Stoffe verstößt. Eine deutliche Verringerung „bis zu einem Faktor Zehntausend“ sei nämlich, so Küppers, schon mit Maßnahmen möglich, die nicht „außerhalb des üblichen Maßes an Nachbesserungen in anderen europäischen Ländern“ lägen. Die Darmstädter Wissenschaftler vermutuen einen anderen Hintergrund für die Weigerung der Franzosen, solche „Nachbesserungen“ vorzunehmen: Man wolle keinen Präzedenzfall unterschiedlicher Sicherheitsstandarts für grenznahe und innerfranzösische AKWs.

Thomas Krumenacker