Panamas Hoffnung auf reichen Dollarsegen bitter enttäuscht

US-Präsident Bush erklärte im Februar, er werde sich bemühen, eine Milliarde Dollar zur Ankurbelung der Wirtschaft Panamas aufzutreiben. Die Arbeitslosen, immerhin 30 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung, schöpften erneut Hoffnung. Die wirtschaftliche Struktur des Landes zeichnet sich durch eine extreme Abhängigkeit von internationalen Krediten aus. Sogar auf dem Land, wo 47 Prozent der Bevölkerung leben, gibt es kaum eigenständige Betriebe. Aber auch in der Hauptstadt, wo die meisten vom Handel (unter anderem mit Schmuggelware aus der Freihandelszone) leben, haben die ökonomischen Boykottmaßnahmen der US -Administration im Zuge ihrer Auseinandersetzung mit der Noriega-Regierung zur Verelendung der unteren Bevölkerungsschichten geführt. Dieser Kapitalismus ohne Kapital hatte auch ein sprunghaftes Ansteigen der Kriminalität zur Folge.

Das ohnehin permanent vom Kollaps bedrohte Wirtschaftsgefüge mit seiner extremen Polarisierung zwischen den vielen Armen und den wenigen Reichen ist durch die Invasion völlig zerstört worden. Die Plünderungen im Anschluß an den Einmarsch der US-Amerikaner haben vor allem die ohnedies schon kapitalschwachen Klein- und Mittelbetriebe in den Bankrott getrieben. In Ermangelung einheimischer Kredithilfen hofften daher die meisten auf den Dollarregen von Uncle Sam. Der blieb aber zunächst einmal aus.

Doch selbst wenn es dem US-Präsidenten gelingen sollte, sein Versprechen einzulösen, wird sich die Lage für die meisten Panamaer keinesfalls bessern. Denn von den etwa 500 Millionen Dollar, die derzeit im US-Kongreß zur Diskussion stehen, sollen 400 Millionen über die Eximbank laufen. Diese Bank verbindet alle ihre „Kredithilfen“ mit der Auflage, sie ausschließlich für US-amerikanische Produkte auszugeben. Nur 42 Millionen könnten, als „humanitäre Soforthilfe“ ausgewiesen, der Bevölkerung zugute kommen; wie gering aber dieser trickle-down-Effekt (wie es in der Fachsprache der US-Entwicklungsökonomen heißt) tatsächlich ist, beweist das Beispiel von El Chorrillo.

Eigennützige Hilfe

Im übrigen machen die US-Strategen, die de facto noch immer den gesamten panamaischen Verwaltungsapparat beherrschen, die Sanierung der darniederliegenden Wirtschaft von der Begleichung der Schulden abhängig. Gläubiger sind vor allem US-Banken. Nach diesem Konzept müßte Panama weitere 500 Millionen Dollar aufbringen. Darum hat sich Washington großzügigerweise bereit erklärt, für diesen Zweck 150 der insgesamt 385 Millionen Dollar herauszurücken, die die US -Regierung seit der Noriega-Zeit von den Einkünften Panamas vor allem aus dem Kanal einbehielt.

Angesichts dieser tristen wirtschaftlichen Perspektive ist es nicht weiter verwunderlich, daß selbst der von den USA eingesetzte panamaische Staatspräsident Guillermo Endara in der ersten Märzhälfte in einen zehntägigen Hungerstreik getreten ist. Dabei legte er immer wieder nachdrücklich Wert auf die Feststellung, daß diese Aktion keinesfalls als Protest gegen die USA, sondern nur als „Solidaritätsbezeugung mit den Armen“ zu verstehen sei.

Außer dem Wirschaftschaos hat der dickhäutige Endara auch die Krise seiner eigenen politischen Legitimität zu überwinden. Denn die Tatsache, daß er seinen Amtseid in der Nacht vom 19. zum 20. Dezember in einer US-Militärbase auf eine englischsprachige Bibel abgelegt hat, wurde ihm nicht nur von den meisten lateinamerikanischen Regierungen übelgenommen. Je mehr Zeit verstreicht, desto weniger sind die Panamaer bereit, seine Autorität als Präsident anzuerkennen.

Gegenüber der ständig anwachsenden inneren und äußeren Opposition stützt sich die an die Macht geputschte Regierung auf die Wahlergebnisse vom 7. Mai 1989, die Endara und seine Vizepräsidenten, Ricardo Arias Calderon von den Christdemokraten und Guiller mo Ford von der Rechtspartei MOLIRENA, „wahrscheinlich“ gewonnen hatten. Genaueres weiß man allerdings nicht, denn der Urnengang wurde damals vom obersten Wahlrat für ungültig erklärt. Noriegas Nationalgarde hatte viele Wahlakten verschwinden lassen.

Unter dem Druck der Besatzungsmacht hat der Wahlrat seine Entscheidung nach der Invasion zwar revidiert, doch konnten die neuen Regierungsparteien nur aus etwa 2.500 der 4.255 Wahlbezirken Kopien von den Wahlakten vorlegen, die sie selbst aufbewahrt hatten. Danach hätte die noriegatreue PRD (Partido Revolucionario Democratico) nur in 13 Bezirken eine Stimmenmehrheit erlangt. Im Landesinneren hätte es für keinen einzigen Abgeordnetensitz gereicht. Jetzt ist die PRD sogar nurmehr mit sieben der insgesamt 58 Parlamentarier in der Nationalversammlung vertreten.

Immer noch Razzien

„Das eigentliche Ziel der Invasion war die Zerschlagung der panamaischen Streitkräfte und die Auflösung unserer damaligen Regierungspartei“, erklärte PRD-Generalsekretär Daniel Espino. Daß diese These einiges für sich hat, beweist die Tatsache, daß noch immer Razzien durchgeführt werden, bei denen US-Panzerfahrzeuge die Armenviertel Curundu und San Miguelito umstellen und Hunderte von Leuten verhaftet werden. „Die US-Amerikaner haben mit der Invasion die Grenze zwischen der von ihnen kontrollierten Kanalzone, die sie im Jahr 2000 hätten abgeben sollen, und dem ganzen panamaischen Staatsgebiet einfach weggewischt“, stellte auch Raul Leis, der Direktor des panamaischen sozialwissenschaftlichen Forschungsinstituts CEASPA fest.