Neu im City-Kino: „Glory“ von Edward Zwick

■ Blutige Weißwerdung

Den Schwarzen in Amerika muß es wirklich mies gehen. Da können doch einige von ihnen nicht umhin, ein militaristisches Zwei-Stunden-Kino-Epos zu bejubeln. Mut, Tapferkeit, Ehre und Loyalismus sind eben Werte, die auch bei der schwarzen Bevölkerung Amerikas zählen. Und warum sollten sie, immerhin 125 Jahre nach ihrer formalen Befreiung, nicht genauso dumm und patriotisch denken wie die weiße Mehrheit?

Der Film fängt an wie er aufhört: Blut, Schmauch, explodierende Schädel, Schreie, Blut, Tote; Berge von Toten, und noch viel mehr Blut. Glory eben. Zwischen diesen Szenen präsentiert uns Regisseur Edward Zwick den ganz und gar unrühmlichen Hergang einer Weißwerdung. Erzählt wird die authentische Geschichte des „54. Massachusetts Volunteer Infantry Regiment“ im amerikanischen Bürgerkrieg des vorigen Jahrhunderts unter der Führung des erst 25-jährigen weißen Colonel Robert Gould Shaw (Matthew Broderick). Daß eigentlich er die Hauptrolle in einem Film über das erste schwarze Regiment spielt, wundert nicht einmal. Denn um Beweggründe der schwarzen Freiwilligen kümmert sich das Drehbuch kaum, sieht man vom ständig wiedergeplapperten Argument der Selbstbefreiung der Sklaven ab. Doch allein das ist für hundertzwanzig Minuten zuwenig. Alles, was die properen Jungs mit den aufgepumpten Muskeln anscheinend wollen, ist Kampf.

Dafür robben sie im Dreck, lassen sich schikanieren und marschieren sich die Füße blutig. Ihr Weg in die Armee bleibt undurchsichtig, das Umgehen miteinander beschränkt sich auf ein Onkel-Tom-Gedusel. „Möge Gott uns segnen, hurray“, schreien sie.

Trotz einiger renommierter Schauspieler (Denzel Washington, Morgan Freeman, keine Frauen) läßt Edward Zwick, der vom Fernsehen kommt, keinen Raum zur Entfaltung. Hier ein aufgerissener Blick, da gebleckte Zähne - das muß reichen. Dem Kino in dieser Form unangemessen, dominieren die Großaufnahmen und Halbtotalen.

Das Militaristen-Epos bekommt die Opfer, die das vom Rambo -Autor Kevin Jarre erstellte Drehbuch fordert. Die schwarzen Soldaten werden zu guten Amerikanern im Sinne der Weißen, und sie glauben selbst daran. Daß in diesem Falle nur ein toter Ami ein guter Ami ist, ändert nichts. In der Schlacht um ein militärisch unbedeutendes Fort sterben alle erwähnenswerten Darsteller unter den hymnischen Gesängen eines Knabenchors. Der Tip, wie Sie zehn Mark sparen können, liegt auf der Hand. Jürgen Franck