US-Chemiewaffenabzug

■ Pentagon in der Bredouille / Kongreß setzt Bedingungen

Berlin (taz) - Das US-Verteidigungsministerium hat erhebliche Schwierigkeiten, den von der Bundesregierung gewünschten Abzug der US-Chemiewaffen ab Juni dieses Jahres zu bewerkstelligen. Der Abzug der in Clausen (Rheinland -Pfalz) gelagerten rund 400 Tonnen hochgiftiger Kampfstoffe, der nach Informationen der taz bereits am 18. Juni beginnen soll, verzögert sich möglicherweise noch durch Einspruch des US-Repräsentantenhauses.

Als Bedingung für die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mittel hat der Kongreß eine Demonstration der „erfolgreichen Zerstörung von scharfer Chemiemunition“ gefordert, von der die Army-Techniker aber noch um Monate entfernt sind. Darüber hinaus muß die US-Armee sicherstellen, daß die Produktion der neuen binären Chemiewaffen bis Juni auf zwei Prozent der bisherigen Bestände gebracht worden ist. Auch davon ist die Chemiewaffenschmiede in Pine Bluff, Arkansas, noch weit entfernt. Vor allem die Weigerung des Chemiekonzerns „Mobay“ - einer hundertprozentigen Tochterfirma der bundesdeutschen Bayer-Leverkusen -, dem Pentagon den chemischen Grundstoff Thionylchlorid zu verkaufen, der zur Herstellung binärer Waffen unabdingbar ist, bringt die Produktion in Verzug. Nach Auskunft von Bayer-Leverkusen gegenüber der taz bleibt der Konzern jedoch bei seinem Boykott gegenüber der US-Army. Derzeit prüft das Handelsministerium der Vereinigten Staaten, ob die Bayer-Tochter juristisch zum Verkauf gezwungen werden kann.

Bei anderen deutschen Chemiekonzernen, die angeblich zu den weltweit 14 Firmen gehören, die über den entsprechenden Stoff verfügen, ist ebenfalls Fehlanzeige. Die Darmstädter Merck und ihre Tochterfirma Schuchardt verfügen nur in Kleinstmengen über das begehrte Thionylchlorid, beziehen den Rohstoff aber ebenfalls von Bayer. „Bei uns hat sich niemand gemeldet, es hätte auch gar keinen Sinn“, weiß Firmensprecher Schmidt, „aber wenn man genug Geld hat, bekommt man alles.“

J.G. Zum Chemiewaffenabzug Seite 7