Denkmal der Korruption

Argentinisch-paraguayanisches Mammutprojekt sorgt für Unmut  ■  Staudamm oder Faß ohne Boden?

Buenos Aires (taz) - Zumindest eines steht fest: Das größte Bauwerk der Welt wird mit Abstand das teuerste werden. Unklar hingegen ist, wann - letztlich auch ob überhaupt - es seiner Bestimmung übergeben werden soll: Yaketra, der gigantische argentinisch-paraguayanische Staudamm, ist wegen seines unstillbaren Kapitalbedarfs ins Gerede gekommen, die internationalen Finanziers werden unruhig. Schon heute beläuft sich das bereits investierte Kapital - statt der einst veranschlagten 1,7 Millarden - auf drei Milliarden Dollar. Anfang der achziger Jahre sollte das Wasserkraftwerk ursprünglich fertig sein, doch Anfang der neunziger steht erst die Hälfte; die erste Turbine wird bestenfalls 1994 angeschlossen werden. Aber dafür werden noch einmal zwölf Milliarden Dollar benötigt, vielleicht auch mehr, genau weiß das keiner.

Von einem kritischen Bericht des Kreditgebers, der Internationalen Entwicklungsbank (BID), mußte sich jetzt die argentinische Regierung aus ihrem Dornröschenschlaf aufwecken lassen. Der BID-Bericht sprach von „ungerechtfertigten Preisexplosionen“ und „Unklarheit über die Verwendung der ausgegebenen Gelder“. Präsident Menem befahl prompt eine umfassende Prüfung, die freilich ihrerseits bis zu einem Jahr in Anspruch nehmen könnte. Ob Yacyreta, das „Denkmal der Korruption“ (Menem), als Ruine enden wird, wird in Buenos Aires noch verneint. Man überlege inzwischen, die spärlichen Finanzmittel anderen Projekten zukommen zu lassen, etwa dem im Bau befindlichen Wasserkraftwerk Piedra del Aguila, das fast fertig ist.

Das Zweiländerprojekt Yacyreta am Rio Parana sollte einmal die Hälfte des argentinischen Strombedarfs abdecken. 1973 war sein Bau beschlossen worden. Doch die nächsten fünf Jahre wurden mit Streitereien über den Entwurf des Staudamms vertrödelt. Erst 1979 lagen die Pläne vor, und die Ausschreibung begann. Es vergingen aber immer noch weitere vier Jahre, bis 1983 der Vertrag mit dem Konsortium Eryday unterschrieben wurde. Im Januar 84 endlich, elf Jahre nach der Verfügung, begannen die Bauarbeiten. Ab 1985 bekam Yacyreta - ebenso wie das AKW Atucha 2 - den Rotstift der Regierung zu spüren, der Bau verzögerte sich, weil jährlich nur noch 300 Millionen Dollar flüssig gemacht wurden.

Für die paraguayische Regierung war Yacyreta von Anfang an ein glänzendes Geschäft. Die Baukosten fielen Buenos Aires zur Last, Asuncion sollte erst nach Betriebnahme zur Kasse gebeten werden und seinen Anteil durch Stromverkauf an das Nachbarland abstottern. Kein Wunder, daß die Regierung in Asuncion gegen einen Baustopp ins Feld zieht, Menems Korruptionsvorwurf empfand Außenminister Luis Maria Argana als „erstaunlich“.

Gaby Weber