„Mekka für Homosexuelle“

■ Senatorin Anne Klein stellt ihr „Referat für gleichgeschlechtliche Lebensweisen“ vor / Auch viele Bürger aus der DDR suchen Rat bei der behördlichen Anlaufstelle

Der Skandal um den schwulen ALer Albert Eckert, der vergangene Woche auf seinen Vizepräsidentenposten im Abgeordnetenhaus verzichtet hatte, schien der passende Anlaß: Gestern stellte Frauensenatorin Anne Klein ihr „Referat für gleichgeschlechtliche Lebensweisen“ der Öffentlichkeit vor. Ziel des Referats sei es, die Diskriminierung von Homosexuellen auszuschalten und bei den Heterosexuellen Verständnis zu entwickeln, sagte Anne Klein. Die Antidiskriminierungsstelle, die bereits im November 1989 ihre Arbeit aufgenommen hat, ist bisher nicht nur für Berlin sondern auch für die BRD einzigartig. In anderen europäischen Ländern gibt es solche staatlichen Einrichtungen schon seit Jahren.

„Homosexuelle haben einen Anspruch darauf, ihrer Lebensweise gemäß zu leben, ohne Diskriminierung zu wohnen, zu arbeiten, sich auf der Straße zu bewegen. Sie haben das Recht, sich sozial, kulturell und politisch zu organisieren, ohne dabei irgend einer Gefahr ausgesetzt zu sein“, heißt es in der Presseerklärung der Senatsverwaltung. Und weiter: Multikultur sei in einer Metropole wie Berlin selbstverständlich. Das oft beschworene Flair der 20er Jahre sei aber „zum nicht geringen Teil“ von der „blühenden lesbischen und schwulen Subkultur“ geprägt worden. Nach den Verfolgungen von Homosexuellen im Nationalsozialismus und der gesellschaftlichen Ächtung und Verleugnung in den 50er Jahren habe Berlin seit Ende der 60er Jahre „seine Funktion als eine Art Mekka für Homosexuelle wiedererlangt.“

Am Karlsbad 8-10 haben die lesbischen und schwulen PilgerInnen nun auch eine behördliche Anlaufstelle. Besetzt ist das Referat mit einer Mitarbeiterin und einem Mitarbeiter. Zwei weitere Stellen sind ausgeschrieben. Lesben und Schwule, die sich offen zu ihrer Homosexualität bekennen, würden besonders zur Bewerbung ermutigt, so Anne Klein.

Inzwischen ist das Referat auch über West-Berlin hinaus bekannt. Die Ratsuchenden kommen mittlerweile schon aus Ost -Berlin und der DDR. Anfang März fand ein erstes Treffen von VertreterInnen von Lesben- und Schwulengruppen aus Ost- und West-Berlin statt. Diskussionspunkt war der §175 StGB. In der DDR ist er bereits vor Jahren abgeschafft worden.

uhe