Schnee von morgen Kein Schnee von gestern

■ Die internationale Drogenkonferenz tagte in London

Wird allen Neokonservativen, die ihr Augenmerk allzu gerne auf die Angebotsseite des Marktes richten, jetzt auf dem Feld der Drogenpolitik der Garaus gemacht? Ohne die Nachfrage zu kappen, so Kolumbiens Präsident Virgilio Barco auf der internationalen Drogenkonferenz in London, sei der Kampf gegen die Drogenmafia nicht zu gewinnen. Allgemeine Zustimmung, auch von seiten solcher Hardcore -Konservativen wie Gastgeberin Maggie Thatcher. Kündigt sich ein neuer Konsens an?

Bislang galten die Anbieterländer und ihre gemästeten Drogenbarone, die Killerkommandos auf ihren Motorrädern und die von Narco-Dollars überlebenden Koka-Bauern als ideale Projektionsflächen für die Drogenkrieger aus dem Norden. US -Präsident Bush hat im vergangenes Jahr mit seinem pompös angekündigten Anti-Drug-Plan vorgemacht, wie sich das Kokainproblem der Abhängigen-Nation USA in eine Notwendigkeit eines militanten Feldzugs umdefinieren läßt. Schwerpunkt ist die Aufrüstung des Sicherheitsapparates, Stoßrichtung nach Süden, unter dem Äquator.

Daß die Industrieländer durch ihr Nachfrageverhalten den Markt ankurbeln, scheint auch Mrs. Thatcher begriffen zu haben. Den Verbrauch der Schnupfer und Fixer möchte sie - im Stile eines Aufklärungsprojekts - durch Erziehungs- und Informationskampagnen eindämmen. Bunte Faltblätter statt Koks - weit gedacht ist das allerdings nicht. Der Familie ist hierbei eine behütende Rolle zugedacht, als Schutzwall gegen den schmutzigen Schnee. Nicht minder einfallslos ist der Gedanke einer Task-force, einer Eingreiftruppe, die in den Anbauländern operieren soll. Ihre Aktionen - das zeigt die Vergangenheit - sind in der Regel nur medienwirksam inszenierte Massenspektakel.

Ein Taschengeld von 21 Millionen Pfund wird den Anbauländern zur wirtschaftlichen Umstrukturierung und auf drei Jahresportionen verteilt angeboten. Diese Offerte ist noch magerer als die von Bush, der zu Jahresbeginn in Cartagena den Andenländern mit ihren 1,4 Millionen Koka anpflanzenden Bauern ganze 250 Millionen Dollar Hilfe bot, um auf gesündere Anbaufrüchte umzusteigen.

Alle Drogenbekämpfungsmilliarden haben bis heute versagt: In den USA leben fünf Prozent der Weltbevölkerung - allein dort wird die Hälfte aller Drogen konsumiert. Nachdem der Kokainmarkt dort gesättigt ist, treten nun die Europäer in die Fußstapfen der Nordamerikaner. Die sich jährlich verdoppelnde Rate von Drogentoten in Europa spricht eine deutliche Sprache.

Auch wenn sie kein Allheilmittel ist - die staatlich kontrollierte Abgabe von harten Drogen könnte der Rauschgiftmafia das Wasser abgraben und die Beschaffungskriminalität mindern. Weil bis heute alle anderen Mittel versagt haben, müssen neue Wege eingeschlagen werden. Doch Thatcher hat in London zur „Legalisierung“ eindeutig NO gesagt. Eine derartige Privatisierung des Risikos geht ihr zu weit. Das Angebot der Milliardengewinne schaufelnden Drogenmafia bleibt, ebenso die von Staats wegen ins Illegale abgedrängten Nachfrager. Im Westen wirklich nichts Neues.

Thomas Worm