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Wir werden wieder regiert

Ministerrat gewählt / Streit um Eidesformel / Innenminister fühlt sich nicht an Gesetze gebunden  ■  Aus Berlin Olaf Kampmann

Gleich zu Beginn der 2. Volkskammertagung zeigte die groß -koalierte Mehrheit, wie sie mit ihrer Majorität umzugehen vor hat. Einen Antrag, am Vorabend vom Präsidium mehrheitlich abgelehnt, brachte die CDU am nächsten Morgen wieder aufs Tapet. Entgegen der gültigen Geschäftsordnung, beschloß die Mehrheit eine Verfassungsänderung in Hinsicht der Eidesformel für den zu wählenden Ministerrat. Bis in die Reihen der SPD hinein wurde Protest ob solcher Verfahrensweise laut.

So meldete unter anderem die sozialdemokratische Abgeordnete Susanne Weiß schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken an. PDS-Vorsitzender Gregor Gysi sprach von fehlender politischer Kultur. Auch die DBD/DFD-Fraktion lehnte den Antrag ab. Es half nichts. Nach einem Spiel namens „wieviel Abgeordnete haben wir eigentlich?“ - die Zahl der Abstimmenden schwankte und war teilweise höher als die der eingetragnen Parlamentarier brachte man den Antrag schließlich durch.

Dann ging man zur Tagesordnung über. Eine Erklärung wurde verabschiedet, in der man sich zur geschichtlichen Mitverantwortung am Holocaust, den Verbrechen der Deutschen gegenüber der Sowjetunion während des zweiten Weltkrieges bekannte. Man entschuldigte sich bei den Völkern der Tschechoslowakei für den durch nichts zu rechtfertigenden Einmarsch im Jahre 1968. Es wurden die Minister des Kabinetts de Maiziere vorgestellt und in geheimer Abstimmung gewählt. Man beschloß die Bildung Ständiger Parlamentarischer Ausschüsse analog der zu bildenden Ministerien. Des weiteren wurde die Aufgabenstellung des zeitweiligen Prüfungsausschusses der Volkskammer zum Thema Stasimitgliedschaft von Abgeordneten festgelegt.

In einer ersten Ansprache bedankte sich Lothar de Maiziere ausdrücklich bei seinem Vorgänger Hans Modrow. Er bat die Bevölkerung der DDR um Vertrauen und Geduld - schließlich seien auch die Mitglieder seiner Regierung noch Lernende.

Interessant wurde die Sitzung dann noch einmal, als es in dem zusätzlich aufgenommenen Tagesordnungspunkt um die Formel des zu vereidigenden Ministerrates ging. Innenminister Diestel (DSU) verstieg sich zu der Behauptung, daß die noch bestehenden Gesetze der DDR für ihn nicht nur inakzeptabel, sondern auch nicht mehr gültig sind. Diese Auffassung ist um so bestürzender, als es dabei ja um den Chef der Polizei dieses Landes ging. Dr. Ullmann (Bündnis 90/Grüne) bezeichnete diesen Vorgang als einmalig in der europäischen Geschichte. Auch Abgeordnete anderer Fraktionen machten lautstark dem Unmut Luft.

Am Schluß der Tagung zog dann wieder Harmonie ein. Die neuen Minister durften immer schon mal auf ihren Stühlen probesitzen und bekamen Blümchen in die Hände gedrückt.

Hurra, wir haben eine neue Regierung.

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