Nach 16 Jahren endlich Oberbürgermeister?

■ Die Ostberliner CDU stellte gestern ihren Oberbürgermeister-Kandidaten vor: Der 50jährige Arzt Roland Jacob soll neue Stimmen bringen

Vor 16 Jahren zog er in das Stadtparlament ein, nun will er Oberbürgermeister werden: Der 50jährige Christdemokrat Roland Jacob stellte sich gestern in Ost-Berlin der Presse vor. Doch der Weg in den Oberbürgermeistersessel kann für den gelernten Mediziner Jacob lang und beschwerlich werden. Nicht einmal 20 Prozent fuhr die CDU am 18.März in Ost -Berlin ein. Den Eindruck eines künftigen Juniorpartners für eine mächtige SPD will der Chefarzt der Radiologischen Abteilung im Klinikum Buch trotzdem nicht erwecken. Eine absolute Mehrheit für seine Partei würde er sich schon deshalb wünschen, weil man damit ein „Gegengewicht gegen den rot-grünen Senat“ in West-Berlin schaffen könnte. Ansonsten kann er sich nach dem 6.Mai eine Zusammenarbeit mit allen Parteien vorstellen, PDS ausgenommen, wie sich versteht.

Den bevorstehenden Wahlkampf will Herr Jacob, wie seine Konkurrenten aus der SPD, mit politischer Unterstützung aus dem Westteil der Stadt führen. Natürlich fehlte Eberhard Diepgen gestern nicht auf der Pressekonferenz in der CDU -Zentrale am Prenzlauer Berg. Am 27.April wollen die beiden CDU-Landesverbände einen gemeinsamen Kongreß unter dem Motto „Hauptstadt Berlin - Unsere Aufgabe in einem geeinten Deutschland“ veranstalten, wurde bekanntgegeben. Eine Vereinigung der beiden Landesverbände sei noch vor einer ersten Gesamtberliner Wahl geplant. Auch ein Motto haben sich die Schwesterparteien für den Wahlkampf schon ausgedacht: „Für eine lebens- und liebenswerte Stadt - Damit Berlin wieder Spaß macht“.

So planen die Christdemokraten die Zukunft und tragen doch eine Last aus vergangenen Zeiten mit sich herum. Denn im Gegensatz zum OB-Kanidaten der Sozialdemokraten war der Spitzenmann der Ost-CDU in die Politik des SED-Staates involviert. Er habe vor 16 Jahren das Angebot des Staates an die Kirche, Politik mitgestalten zu können, angenommen und dann „nichts als Kommunalpolitik“ gemacht, begründete Jacob seine langjährige Tätigkeit als Abgeordneter im Roten Rathaus. „Ich bin in diesen Staat hineingeboren worden“ erklärte er weiter. Eberhard Diepgen kam seinem Parteifreund zu Hilfe und meinte, daß Jacob die verhängnisvolle SED -Politik ja nicht geplant habe, sondern auf kommunalpolitischem Gebiet vielmehr dazu beigetragen habe, das Schlimmste zu verhindern. Ein Hauch von „Römer 13“ schwebt trotzdem über dem Spitzenmann: Im Dezember sprach er bei einer Abstimmung im Magistrat noch der Stadtregierung das Vertrauen aus, weil er im Falle der Machtübernahme durch den Runden Tisch „Chaos“ befürchtet habe. Der Christdemokrat ist ein Freund geregelter Verhältnisse geblieben: Nach dem 6.Mai müsse wieder „Recht und Ordnung“ in die Stadt einkehren, betonte er gestern.

ccm