Appell an die popligen Mitarbeiter

■ Für Mütter und Behinderte führt kaum ein Weg in die Museen

Die Kinder sind doch das Schönste im Leben, und deshalb sollte es uns nicht so schwer fallen, ihretwegen auf vieles zu verzichten. Oder doch? Auf Museumsbesuche zum Beispiel. In einer Stadt wie Berlin-Ost zum Beispiel, die so stolz ihre Mauer und Tore geöffnet hat. Für alle. Auf das sie auch unseren Teil zu einer Weltstadt machen, auf das sie uns kennen (!) lernen. Eigentlich ist es das schon wert, unser Berlin, nur hat es eben lediglich die Türen aufgerissen, sich aber noch nicht wirklich geöffnet. Für Menschen mit Kinderwagen oder im Rollstuhl bleiben die Museen größtenteils unerreichbar. Muttis, die ihre Kinder nicht in der Eingangshalle zurücklassen oder auf dem Arm durch's Museum schaukeln wollen, werden nicht verständnislos doch ziemlich ratlos abgewiesen. Keiner der Museumsangestellten stellt sich breitbeinig in den Weg, um zu verhindern, was nicht sein darf - Treppen und eine enge Anordnung der Ausstellungsgegenstände würden das Ganze zu einem Experiment werden lassen, dem man sich von ganz allein nicht unterziehen möchte. Die Mitarbeiter versuchen teilweise, auf ihre Art zu helfen und der Welt-Museums-Erfahrene staunt zuweilen, wenn Rollstühle die Stufen hochgehievt werden.

In der Nationalgalerie wiederum gibt es einen Aufzug, der jedoch nimmt keinen Kinderwagen auf. In die anderen Stätten der Insel (Bodemuseum, Pergamonmuseum, Altes Museum) führt erst gar kein „Weg“ hinein. Das Pergamon gar verweist darauf, sowieso schon überfüllt zu sein. Im Ephraimpalais gibt es einen Aufzug, in den jedoch nicht alle Rollstuhl -Typen hineinpassen. Manche sind zu breit, man müßte hinkommen und probieren. Auf Kinder im Kinderwagen, die im Eingangsbereich stehengelassen werden, ist das Aufsichtspersonal gern bereit, auch mal ein Auge zu werden.

Im Märkischen Museum gibt es gar keinen Fahrstuhl, dafür um so mehr Treppen, auch innerhalb der Ausstellung. Das wäre ein echtes Problem, versichert ein Mitarbeiter aus der Information und vermittelt an die Dame hinter der Kasse. Diese meint, einige Kinderwagen hätten hier Platz Durchfahren sei jedoch schier unmöglich, und hofft auf eine Lösung nach Beendigung der Bauarbeiten am Haus, mit denen zumindest ein Aufzug geplant ist.

Auch das Postmuseum befindet sich im Bau, und der einzige Aufzug wird für Materialien genutzt. Versehrte in Rollstühlen jedoch - das wird nach vorheriger Anmeldung möglich gemacht - können auch mit hochfahren. Vorsicht ist aber auch hier geboten, denn die Exponate stehen teilweise eng. Auch sie würde ihre Kinder nicht unten im Wagen lassen, versicherte eine für das Problem aufgeschlossene Mitarbeiterin, aber sie durchzuschieben, dieses Anliegen erreiche sie zum ersten Mal. Bedankt sich und notiert es für die nächste Versammlung.

Sollte das wirklich so selten vorkommen, daß Rollstuhlfahrer abgewiesen werden müssen? Vielleicht steuern jene die Berliner Museen schon gar nicht mehr an, weil sich die Sinnlosigkeit dieses Unterfangens rumgesprochen hat. In der Verwaltung der Museumsinsel jedenfalls spricht man von so einigen Beschwerden, die kamen, als Versehrte und Mütter vor der Türe bleiben mußten. Gerade in einer Stadt wie Berlin, die sich überall im eigenen Land so stolz gab und gibt, sollten Museumsmitarbeiter sich allesamt der Kunst verschreiben und nie wieder am Telefon mitteilen, sie seien auch nur ein popliger Angestellter.

„Da gehe ich mit meiner Tochter lieber in Westberlin mein Eis essen“, sagte neulich eine Freundin. Sollte es im Osten der Stadt in den Cafe's etwa auch noch nicht anders sein?

Nadja Klinger