Neu in der kleinen Schauburg von Andi Engel

■ DER FÜNFTE FREITAG

Andi Engel war einmal Kulturkorrespondent des Magazins Der Spiegel in London. Andi Engel besitzt dort inzwischen vier eigene Kinos. Er hat Filme ko-produziert, in ihnen gespielt und über sie geschrieben. Jetzt macht er Filme. Der Fünfte Freitag, sein erstes Elaborat, scheint so ganz die Vorlieben des Deutsch-Engländers wiederzuspiegeln. London, krude 68er-Reminiszenzen und suspense. Letzteres, über Gründe kann nur spekuliert werden, setzt er am besten um. Die Geschichte ist schnell erzählt. David Keller (Jeroen Krabbe, ein zu Unrecht hier unbekannter niederländischer Schauspieler) lebt und säuft sich durchs Londoner Leben.

Wildgruber:

wunderbar schmierig

Eines Tages taucht Manfred (Ulrich Wildgruber in einer wunderbar schmierigen Rolle) auf. Manfred ist immer noch radikal linkspolitisch aktiv und überredet David, einen chilenischen Folterer in einem Londoner Hotel umzubringen. David will erst nicht, dann will er doch, dann soll er nicht, und schließlich führt er die Tat aus. So weit, so beliebig. Der Hauptschauplatz London ist für Andi Engel offensichtlich zum alltäglichen Moloch geworden. The Bunch of Grapes, ein wirklich attraktiver Pub im Westend (! , d.s.), bleibt eine platte Kulisse, die Victoria Station verliert ganz ihren hektischen Charme, und selbst die imposante Food Hall bei Harrods scheint rein zufällig auf der Leinwand aufzutauchen.

Was bleibt? Ein faltenzerfurchtes Gesicht Davids, dem das exzessive Trinken aus den Augen schaut, eine zähe Kameraführung, die den Fluß des Plots eher hemmt als forciert, und ein gravierendes Problem. Warum macht dieser David das alles? Warum inszeniert er, zugegeben perfekt durchgeplant und in dieser Phase auch spannend gefilmt, überhaupt einen Mord? Immerhin liegt die Zeit seiner politischen Aktivitäten zwanzig Jahre zurück.

Anglophile FreundInnen des Thriller-Genres werden das schleppende Tempo von Melancholia, so der Originaltitel, aufgrund der englischen Kulisse verkraften. Gestelzte Dialoge wie der folgende gehören allerdings nicht ins Kino: „1968 versuchte Beuys, die Welt zu verändern.“ - „Du willst provozieren.“ - „Wie schlimm von uns, so die Kunst zu verlieren“. Ja, das ist schlimm. J.F.Sebastia

Schauburg, kl.Haus, 22 Uhr