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Generalstreik gegen Hausbesetzer

Palästinenser wollen israelische Siedler durch Ausstand aus der Ostjerusalemer Altstadt zwingen  ■  Aus Tel Aviv Amos Wollin

Im Zusammenhang mit der andauernden Besetzung des St.-John -Gebäudekomplexes im christlichen Viertel der Ostjerusalemer Altstadt durch israelische Siedler haben führende Palästinenser für den gestrigen Sonntag einen Generalstreik in den von Israel okkupierten Gebieten ausgerufen. Schon seit dem 11. April halten 150 radikale Siedler das Gebäude besetzt. Die Neusiedler gehören der „Ateret Kohanim“ an. Diese Gruppe hat sich unter anderem zum Ziel gesetzt, die Moscheen am Tempelberg abzureißen.

Am vergangenen Freitag entschied das oberste Gericht Jerusalems, daß die Siedler zunächst einmal bis zum kommenden Donnerstag bleiben dürfen. Das Gericht will dann über die verworrene Eigentumsfrage befinden. Denn neben dem griechisch-orthodoxen Patriarchat meldete auch eine Gesellschaft mit Sitz in Panama Ansprüche auf den Gebäudekomplex an. Sie will das St. John Hostel von einem Makler käuflich erworben haben, um es jüdischen Siedlern zugänglich zu machen. Der Immobilienmakler, dem man nachsagt, er sei ein bekannter Drogenhändler, soll aber nie zum Verkauf authorisiert gewesen sein.

Nach einer Information des Knesset-Mitglieds Jossi Sarid ist die illegale Transaktion angeblich vom Ministerium für Wohnungsbau finanziert worden. Sarid meinte, daß das Ministerium 3,6 Millionen US-Dollar für den dubiosen Kauf zur Verfügung gestellt habe. Zwischenhändlerin soll dabei die umstrittene Immobilienfirma „Himanuta“ gewesen sein, die vor allem Landverkäufe an jüdische Siedler in den besetzten Gebieten tätigt.

In einer gemeinsamen Erklärung haben islamische und christliche Würdenträger gegen diesen Verkauf protestiert und die Vereinten Nationen um Intervention gebeten. Nach neuen Informationen wurde die Besetzung des Gebäudekomplexes bereits vor sechs Monaten von einer Gruppe erfahrener israelischer Reserveoffiziere geplant.

Auch die Palästinensische Befreiungsorganisation PLO hat bereits auf die Besetzung reagiert und das vorläufige Urteil des obersten Gerichts scharf kritisiert. Bassam Abu Scharif, ein enger Vertrauter Arafats, meinte, damit werde der Regierung die Möglichkeit gegeben, „eine Politik der vollendeten Tatsachen“ zu betreiben.

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