Huren beklagen Datenmißbrauch

■ Hurenkongreß billigt den Gesetzentwurf der Grünen zur Beseitigung der rechtlichen Diskriminierung von Prostituierten / Prostituierte werden unrechtmäßig registriert und ihre Daten gespeichert

Münster (taz) - Im westfälischen Münster fand am letzten Wochenende der 9. Nationale Hurenkongreß statt. Etwa 70 TeilnehmerInnen vorwiegend aus Hurenselbsthilfeprojekten billigten abschließende den „Gesetzentwurf zur Beseitigung der rechtlichen Diskriminierung von Prostituierten“, den Grüne PolitikerInnen gemeinsam mit Prostituierten erarbeitet haben. Er soll Bestandteil des Antidiskriminierungsgesetzes der Grünen werden. Vermutlich noch in dieser Woche wird die Grüne Bundestagsfraktion darüber diskutieren. „Die Chancen stehen nicht schlecht“, so Andrea Franke von der Münsteraner Selbsthilfegruppe, „Straps und Grips“, „daß die Grüne Fraktion dem Entwurf zustimmt“.

Kern des Gesetzentwurfes ist, Prostitution als Beruf anzuerkennen. In drei Rechtsbereichen sieht er deshalb wesentliche Änderungen vor. Verträge zwischen Prostituierten und Freiern sollen nicht länger als sittenwidrig gelten (derzeit §138, BGB). Damit würden sexuelle Dienstleistungen anderen Dienstleistungsberufen gleichgestellt. Prostituierte könnten Werbung machen, Aufwendungen für ihre Arbeit von den Steuern absetzen, zahlungsunwillige Freier verklagen, Verdienstausfall erhalten und hätten bei Wohnungen, die sie als Arbeitsstätte nutzten Kündigungsschutz.

Zweitens wird das Strafrecht so verändert, daß reguläre Arbeitsverträge abgeschlossen werden und sich auch Prostituierte sozial- und krankenversichern können, gleichzeitig aber vor Gewalt, Zwang und Ausbeutung geschützt bleiben. Gestrichen werden sollen dazu die Paragraphen „Förderung der Prostitution (§180a, Strafgesetzbuch) und der Zuhälterparagraph (§181a, Strafgesetzbuch)“. Nach §180a StGB werde heute strafrechtlich verfolgt, so Brigitte Riedel von „Straps und Grips“, wer den Prostituierten gute Arbeitsbedingungen gebe, „weil der Gesetzgeber davon ausgeht, das diese den Ausstieg aus der Prostitution verzögern“.

Zum dritten sollen gesetzliche Regelungen gestrichen werden, auf deren Grundlage Justiz und Gesundheitsbehörden Prostituierte kontrollieren und kriminalisieren. Andrea Franke kritisierte am Montag in Münster, daß Prostituierte zwar regelmäßig zur Kontrolle müssen - im Gegensatz zu den Freiern - andererseits aber mangels Versicherung, medizinische Behandlungen kaum in Anspruch nehmen können. KongreßteilnehmerInnen hätten außerdem berichtet, daß Prostituierte in verschiedenen Städten rechtswidrig zum Aids -Test gezwungen worden sollen.

Ausführlich beschäftige sich der Münsteraner Hurenkongreß mit dem Datenschutz. Anlaß dafür ist die behördliche Schnüffelpraxis, der Huren in allen Bundesländern ausgesetzt sind. Brigitte Riedel: „Sie sind registriert, nur weil sie als Prostituierte arbeitet.“ Der Berliner Datenschutzbeauftragte, Dr. Hans-Jürgen Garstka, erkärte dazu auf dem Kongreß, daß „eine Registrierung von Prostituierten aus rein ordnungsrechtliche Gesichtspunkten nicht erforderlich und damit rechtswidrig ist“. Nur bei Straftaten dürften die Daten von Prostituierten, wie die anderer Menschen auch, registriert werden. Der Kongreß rief Prostituierte dazu auf, von den Behörden, Einblick in die über sie geführten Akten zu verlangen und falls nötig darauf zu bestehen, daß ihre Daten gelöscht werden.

Bettina Markmeyer