Startbahnverlängerung amtlich gekürzt

■ Behörde lehnt Enteignung eines Senats-Versprechens ab / Statt 600 nur noch 460 Meter Verlängerung möglich

Statt der von MBB verlangten 600 Meter kann die Startbahn des Bremer Flughafens nur noch um 460 Meter verlängert werden. Denn die unabhängige Enteignungsbehörde des Bausenators Kunick lehnte jetzt den Antrag des Verkehrssenators Kunick ab, eine „Grunddienstbarkeit“ des Landwirts und Flughafenanliegers Wähmann zu enteignen. Darin hatte sich der Senat 1980 verpflichtet, eine Wiese des Landwirts innerhalb des Flughafenzauns nie zu bebauen. Doch genau über diese Wiese soll jetzt die Startbahnverlängerung führen, die von MBB für den Abtransport der Flügel des neuen Airbus A 340 verlangt und vom Senat beschlossen worden ist.

Alle persönlichen Überzeugungsversuche des Verkehrssenators Kunick und auch des Bürgermeisters Wedemeier selber hatten bei Wähmann keinen Erfolg. Der Landwirt blieb stur und verteidigte damit das Interesse al

ler Flughafenanlieger, jeden weiteren Ausbau der Startbahn zu verhindern. Denn an die Versicherung des Senats, eine verlängerte Piste würde auf Dauer ausschließlich dem Abtransport der bei der „Deutschen Airbus“ (früher MBB) gebauten Flügel im Transportflugzeug „Super-Guppy“ dienen, glauben sie nicht. Statt der angekündigten Klage des Senats gegen die Entscheidung der Enteignungsbehörde wünschen sich die Anlieger nun eine gemeinsame Verhandlung über ein Gesamtkonzept des Bremer Flugplatzes für das nächste Jahrhundert (vgl. das Interview auf S. 22).

Flughafendirektor Manfred Ernst und der Senatsdirektor im Verkehrsressort, Otger Kratzsch, setzen jedoch darauf, die Enteigung der Wähmannschen Grunddienstbarkeit vor dem Landgericht doch noch durchsetzen zu können. Die vorgesehe Fertigstellung der um 600

Meter verlängerten Piste bis Juli dieses Jahres ist allerdings in dieser Situation auf keinen Fall mehr möglich.

„Das Problem muß gelöst werden“, verlangte Airbus-Sprecher Josef Grendel trotz abgelehnter Enteignung gestern definitiv, „ich weiß bloß nicht wie.“ Von den geforderten 600 Metern zusätzlicher Bremer Piste könne man „keinen Zentimeter abrücken“, sagte er gegenüber der taz, „ich nehme an, daß der Senat jetzt über dem Problem brütet.“ Seine Firma jedenfalls verlasse sich auf die Zusage des Bremer Bürgermeisters und Airbus-Aufsichtsratsmitglieds Wedemeier.

Ab Spätherbst will die Airbus-GmbH in rund 40 Flügen des „Super-Guppy“ pro Monat jeweils 20 Flügelpaare von Bremen zur Endmontage nach Toulouse bringen. Die volle Verlängerung der Startbahn um 600 Meter ist jedoch selbst nach Firmenangaben dafür nur an extrem heißen und wind

stillen Sommertagen erforderlich.

„Es könnte ja passieren, daß ein solches Extrem-Wetter in den nächsten drei Jahren überhaupt nicht eintritt“, bereitete sich der Flughafen-Experte der SPD-Fraktion, Hermann Stichweh, gestern schon auf einen Abschied von den letzten 140 Metern Startbahnverlängerung vor. Statt einer unpopulären Enteignung des Landwirts könnte er sich eher vorstellen, auf die Super-Guppy-Flüge an den seltenen Extremwetter-Tagen zu verzichten.

„Politisch hochgradig gefährlich“ fände Stichweh es, wenn der Senat nach einem Rettungsanker greifen würde, den die Entei

gnungsbehörde angedeutet hatte. Wenn die Startbahnverlängerung nämlich nicht nur dem privatwirtschaftlichen Interesse einer Firma - der Airbus GmbH -, sondern der Allgemeinheit dienen würde, so die Begründung des Chefs der Behörde, Henning Streu, dann müsse er einer Enteignung zustimmen. „Wenn er das macht, kriegt der Senat Ärger. Dagegen würde ich kämpfen“, drohte Stichweh. Eine Rücknahme des Senats-Versprechens, die Nutzung der verlängerten Piste ausschließlich auf den Transport des Airbus Flügels zu beschränken, schloß Stichweh aus.

Ase