Frankreich will „Lex Le Pen“ beschließen

■ Die Anstiftung zum Rassenhaß soll mit dem Verlust des passiven Wahlrechts und mit Berufsverbot geahndet werden

Paris (taz) - Ein veritables „Lex Le Pen“ wurde gestern früh von der französischen Nationalversammlung verabschiedet. Wer wegen Anstiftung zum Rassenhaß oder zu rassistischer Gewalt verurteilt wird, dem soll künftig für fünf Jahre das passive Wahlrecht sowie die Möglichkeit zur Anstellung im öffentlichen Dienst entzogen werden. Außerdem soll der „Revisionismus“, das heißt die Leugnung des Holocaust, zum Straftatbestand werden, der mit Geldstrafen bis zu 300.000 Francs und/oder Gefängnis geahndet wird. Die Vorlage, eine Verschärfung des seit 1972 bestehenden Anti-Rassismus -Gesetzes, wurde von der kommunistischen Fraktion eingebracht und von den Sozialisten unterstützt.

Bislang konnten wegen rassistischen Äußerungen Geld- und Haftstrafen verhängt werden. Doch wurde von letzterer Möglichkeit nie Gebrauch gemacht. Die heimliche Hauptperson der Debatte saß währenddessen auf der Publikumstribüne und lächelte maliziös und etwas verkrampft: „Dieses Gesetz steht außerhalb der republikanischen Legalität. Man muß mit Reaktionen des Volkes rechnen“, sagte Jean-Marie Le Pen und sprach von einer „Pflicht zum Widerstand“. Bereits bei seinem traditionellen „Fest der Jeanne d'Arc“ am 1. Mai hatte der Führer der Front National damit gedroht, seine Anhänger zum „nationalen Widerstand“ gegen den „maskierten Totalitarismus“ aufzurufen: „Unsere Aktivisten könnten zu gegebenem Anlaß Befehle ihrer Anführer erhalten.“ Gegen Le Pen wird zur Zeit ein Verfahren wegen Anstachelung zum Rassenhaß vorbereitet, nachdem das Europaparlament in Straßbourg seine Immunität aufgehoben hat.

In einem nächsten Schritt muß der Gesetzestext dem Senat vorgelegt werden. Dort allerdings hat die bürgerliche Opposition die Mehrheit, die die Vorlage als „politisches Manöver“, das Le Pen zum Märtyrer machen würde, abgelehnt hat. So wird zum Inkrafttreten der Vorlage noch viel Wasser die Seine hinunterfließen und manche Wahl ins Land gehen.

Alexander Smoltczyk