Pressefotograf angezeigt

■ Anzeige gegen verprügelten Pressefotografen wegen Widerstandes

West-Berlin. Die Kriminalpolizei hat den Polizisten identifiziert, der während der 1.-Mai-Auseinandersetzungen zwei Pressefotografen verprügelte und sie dabei schwer verletzte. Der Polizist habe sich beurlauben lassen, verweigere die Aussage und habe einen der beiden Fotografen wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt angezeigt, berichtete gestern Rechtsanwalt Jonny Eisenberg der taz. Eisenberg, der die beiden Fotografen vertritt, hält dies für üblich: „Polizisten, die den Schlagstock einsetzen, dann die Verletzungen sehen, stellen häufig Anzeige, um einer eigenen Strafverfolgung vorzubeugen.“ Eisenberg will jetzt die Akten einsehen, um zu erfahren, wie Fotograf Detlev Konnerth „Widerstand geleistet haben soll“.

Konnerth war am 1. Mai mit der Fotografin Sabine Sauer für den 'Stern‘ unterwegs. Als er eine Festnahme fotografieren wollte, schlugen Beamte mit Holzknüppeln zu, seine herbeieilende Kollegin wurde zu Boden geworfen und mit den Kanten der Schilder geschlagen. Sie wurde zeitweise ohnmächtig, mußte ins Krankenhaus. Konnerth erlitt eine Gehirnerschütterung, seine Kopfverletzungen mußten genäht werden. Ein weiterer Fotograf hielt die Szene auf einem Foto fest. Innensenator Pätzold (SPD) hatte sich für den Einsatz entschuldigt.

Übergriffe von Polizisten auf weitere Personen beschäftigten gestern auch den Innenausschuß. Nach Angaben der AL-Abgeordneten Lena Schraut soll dabei ein Dutzend „örtlich und zeitlich genau lokalisierbarer Vorfälle“ vorgetragen worden sein. Unter anderem sollen Polizeibeamte einen 25jährigen Türken mit Stiefeln zusammengetreten haben. Andere Beamte hatten einen 15jährigen Jungen ins Krankenhaus gebracht, der eingeschlagene Zähne, einen Schädelbruch und gebrochene Handgelenke hatte. Alle Fälle sollen untersucht werden. Schraut berichtete auch, daß die Kriminalpolizei in manchen Fällen bereits „seit Kenntnis“ ermittelt, ohne daß von den Betroffenen bisher Anzeige erstattet worden ist.

diak