Umweltminister feuert grünen Vize

Skandalöse Personalentscheidung von Umweltminister Steinberg (CDU) als erster Amtsakt / Für den grün angehauchten Vize Succow (LDP) ist kein Platz im de Maiziere-Kabinett / De facto am 15. Mai abgesetzt  ■  Von Gerd Rosenkranz

Berlin (taz) - Auf skandalöse Weise hat sich DDR -Umweltminister Karl-Hermann Steinberg (CDU) nun endgültig des früheren stellvertretenden Umweltministers und engagierten Naturschützers Michael Succow (LDP) entledigt. Im Verlauf einer „klärenden Aussprache“ am Donnerstag morgen wollte Steinberg den auch im Westen geachteten Professor Succow zum Unterabteilungsleiter degradieren - und zwang ihn auf diese Weise praktisch, seinen Hut zu nehmen. Succow wird das Ministerium Mitte des Monats verlassen.

Die Auseinandersetzungen zwischen dem grünes Gedankengut verbreitenden Ökologen Succow und Steinberg waren in der vergangenen Woche offen ausgebrochen, als der neue Umweltminister dem Ex-Vize eine lange geplante Rede vor dem 20. Bundesdeutschen Naturschutztag in Bad Reichenhall kurzfristig untersagte.

Succow erreichte das Redeverbot telegraphisch während einer Privatreise in Wien. Ursprünglich hatte der DDR -Naturschützer unmittelbar im Anschluß an die Eröffnungsansprache des Bonner Umweltministers Töpfer sprechen sollen.

Den bundesdeutschen Naturschutzverbänden als Veranstaltern des Bad Reichenhaller Treffens präsentierte Karl-Hermann Steinberg als Ersatzredner Alfons Hesse, der ebenfalls stellvertretender Umweltminister im Kabinett Modrow gewesen war, allerdings nicht im Naturschutzbereich. Der Präsident des Deutschen Naturschutzringes (DNR), Wolfgang Engelhardt, reagierte empört auf das Redeverbot und bezeichnete es als „Rückfall in die stalinistische Zeit“. Auch Bundesumweltminister Klaus Töpfer, mit dem Succow noch unter Modrow zusammengearbeitet hatte, zeigte sich „sichtlich überrascht“. Die Versammlung in Bad Reichenhall wollte sich den Redner nicht aus Ost-Berlin vorschreiben lassen und verzichtete auf das Referat des Ersatzmannes Hesse.

Steinberg seinerseits rechtfertigte seine rüde Vorgehensweise im nachhinein damit, daß nach einem Ministerratsbeschluß vom 18. April alle Vize-Minister aus der Modrow-Zeit ihrer Ämter enthoben worden waren. Deshalb hätte Succow allenfalls als Privatmann reden dürfen, was er ihm nach einem Telefongespräch auch erlaubt habe. Alfons Hesse, von Steinberg ausdrücklich beauftragt, befand sich allerdings in genau derselben Situation wie Succow: Auch er war seines Amtes per Ministerratsbeschluß enthoben worden.

Hintergrund des Succow-Rausschmisses, der als Vize-Minister für Ressourcenschutz und Landnutzungsplanung (auf westdeutsch: Raumordnung) zuständig war, scheint eine unterschiedliche Gewichtung des Landschaftsschutzes zu sein. Succow hatte stets darauf hingewiesen, daß gerade angesichts des erwarteten Ansturms der westdeutschen Wirtschaft, insbesondere der Tourismusbranche, der staatliche Naturschutz in der DDR entscheidend ausgebaut werden müsse. Daß diese Haltung „manchen nicht schmecken wird, die an der Landschaft verdienen wollen“, war Succow stets bewußt gewesen. Nun ist sie offenbar auch seinem neuen Chef übel aufgestoßen. Dem Vernehmen nach soll der Stellenplan der Abteilung „Naturschutz“ im Steinberg-Ministerium auf ein Drittel gekürzt werden.

Succow war vor der Wahl am 18.März - auch in der taz - als einer jener Minister angesehen worden, die die Wahl ungeschoren überstehen würden. Dafür sprach ein jahrzehntelanges berufliches und ehrenamtliches Engagement im Naturschutz (unter anderem in der Gesellschaft für Natur und Umwelt in Frankfurt/Oder), vor allem jedoch die Anerkennung, die der Professor auch in der alten und neuen Umweltbewegung der DDR fand.

Ende Januar gab Succow selbst in einem taz-Interview noch zu verstehen, daß er fest an sein politisches Überleben glaube. „Auch die neuen Kräfte“, meinte er damals, „werden die stellvertretenden Minister übernehmen, soweit Fachkompetenz vorhanden ist.“ Das war ein Trugschluß, obwohl Michael Succow Mitglied einer Koalitionspartei ist.