Geweint wird erst beim Abstieg

Der VfL Bochum verliert in der Fußballprovinz gegen Homburg 0:1 und sieht nun tränennaß dem Abstieg ins Auge / Ausgerechnet der Ex-Bochumer Westerbeek rächte sich mit einem Tor  ■  Aus Homburg Chr. Biermann

„Ich denke, daß sich unsere Konzentration jetzt auf die Relegationsspiele richten muß. Es müßten am letzten Spieltag schon merkwürdige Ergebnisse zustande kommen, wenn wir das noch vermeiden könnten.“ Dürre Worte von VfL-Trainer Reinhard Saftig, der aussah, wie aus dem Hals gezogen. Die Landpartie des VfL Bochum zum Absteiger FC Homburg endete unversehends vor dem weitgeöffneten Schlund der Zweiten Liga.

Dabei hatte alles so schön angefangen, am Dienstag abend bereits. Da hatte der VfL gegen Borussia Mönchengladbach mit 2:1 gewonnen. Und es schien mehr als nur ein Sieg. 40.000 hatten das Ruhrstadion voll ausverkauft und sich frenetisch wie selten auf die Seite ihres Teams gestellt. Eine Volksabstimmung mit Füssen und Kehlen: Für den Klassenerhalt des VfL Bochum.

Der Verein hatte gleich nachgelegt und den organisierten Fansclubs sechs Freibusse zur Verfügung gestellt. Die Anderen hatten Mitfahrgelegenheiten zu organisieren und Kontakte zu recherchieren. „Ruf doch mal den einen an, der auch immer bei uns steht, dieser Untersetzte. Ob der einen Schnäuzer hat...?“ Nun, es klappte nicht immer.

Trotzdem rieb sich in Homburg die Ordnungsmacht erstaunt die Augen. „Habt ihr das Ruhrgebiet dicht gemacht?“ Ein Drittel der saisonminusrekordverdächtigen 3.500 Zuschauer waren gekommen, um den VfL gewinnen zu sehen. Der Biergarten vor dem Waldstadion war fest in Bochumer Hand und die Stimmung heiter. Wie gesagt, eine Landpartie in die Fußballprovinz, wo Erstligafußball wie ein freundlicher Irrtum wirkt. Es fehlte eigentlich nur noch der Sieg. Er fehlte zwanzig Minuten, zur Halbzeit, er fehlte nach einer Stunde. Inspirationsloses Schlafnasengekicke half auch gegen die bescheidenen Künste der Saarländer nicht. Diesen war zwar bereits am Dienstag die letzte Chance zum Klassenerhalt abhandengekommen, aber Abschiedsgeschenke wollten sie dennoch nicht verteilen. Und sie schossen dann sogar ein Tor.

Gern gesellt sich Ironie zum Schicksal, Torschütze war nämlich ein gewisser Oliver Westerbeek, der noch im Vorjahr in Bochum gespielt hatte. Was nicht heißt, daß er dort irgendwelche Spuren hinterlassen hätte oder sein Abgang gar bemerkt worden wäre. Eine gehässige Art, sich in Erinnerung zu bringen. Die zwanzig Minuten bis zum Ende waren dann nur noch Planlosigkeit, Schweiß und Tränen.

Nach dem Spielschluß hatten stämmige Männer feuchte Augen. „Einen hätten sie doch reinmachen können.“ Wirkliche Verzweiflung wegen des näherrückenden Abstiegs und natürlich wegen der leeren Stunden auf der Autobahn. Wer nie eine Niederlage im Wagen hatte, weiß dieses Leid nicht zu ermessen. Und was vermeldete der Rekorder im Auto? „Cry me a river“, großer Soul, viel Seele von Mary Knight. Aber mal im Ernst: Geweint wird erst beim Abstieg.