Eingeglaste Bücher

■ Bremerhavener Kunsthalle zeigt schöne Bücher aus dem Alten Malik-Verlag

Gefangene hinter Glas, das sind sie nun, Gorki, Sinclair, Dos Passos, Brecht und viele andere, die den alten Malik-Verlag zu dem gemacht hatten, was er gewesen war.

Die Seestadt Bremerhaven stellt aus. Genau seit 6. Mai. Am 6. Mai 1933, vier Tage früher als im übrigen nationalsozialistischen Reich, brannten hier die Bücher, die seit Sonntag hinter Glas zu besichtigen sind. Was damals verfeuert wurde, ist heute zu wertvoll, als daß man es aufschlagen dürfte; was damals provozierte, hat heute hohen Marktwert.

Im Jahr 1916 gründeten die Brüder Wieland Herzfelde und John Heartfield einen kleinen widerständigen Verlag, an dem später, in der Weimarer Republik, schon kräftig gesägt wurde. Und nicht nur der brisanten politi

schen Publikationen wegen. Schon äußerlich erregten die Bücher und Zeitschriften vielerorts Mißfallen. Und dafür zeichneten Georg Grosz und John Heartfield verantwortlich.

Grosz‘ bitterböse Gesellschaftsentlarvungen wirken auch heute noch. Heartfields Montagen, die auf Bucheinbänden erschienen oder die Zeitschriften illustrierten, sie bringen auch jetzt noch Dinge in richtige Zusammenhänge. Nur aufregen tut das niemanden mehr.

Was bricht da die Museumsstille? Wir kennen das: provokante Bilder, provokante Texte, auch die Stolperinstallationen durch die Raummitte.

Die fetten, zigarrenrauchenden Kapitalisten von George Grosz locken keinen mehr aus der Reserve. Aber wundern tut doch einiges: der Witz und die Klugheit

der Bilder und Zeitschriften zum Beispiel, die Offenheit der Macher für Neues; die Möglichkeit des Zusammenwirkens von engagierter Literatur und Kunst, die im Dada zum Ausdruck kommt; „Satirische Kampfblätter“ wie die Zeitschrift „Jedermann sein eigener Fußball“. Die Reihe geistreicher Einfälle scheint unendlich, das bringt die Ausstellung zum Ausdruck.

Die Kielerin Margarete Berg hat, so könnte man sagen, eine Ausstellung konzipiert, die zu spät kommt - und doch wieder nicht. Denn was damals Spießer wild werden ließ, ist heute kein Skandal mehr. Aber es verdient, was nicht wenig heißt, Bewunderung.

Kerstin Dreye

Bewundern können Sie die Ausstellung noch bis zum 27.Mai in der Kunsthalle Bremerhaven.