Blockade gegen Petunienversuch

Bürgerinitiativen rufen zu einer bundesweiten Aktion gegen die bevorstehende Freisetzung gentechnisch-manipulierter Petunien in Köln auf / Gentechnologen verweisen auf Ernährungsprobleme der Dritten Welt / GegnerInnen halten Freilandsversuch für eine Werbemasche  ■  Aus Köln Oliver Köhler

Mit einer Blockade des Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung (MPI) in Köln wollen Bürgerinitiativen aus dem gesamten Bundesgebiet am 14. Mai gegen die Freisetzung gentechnisch manipulierter Petunien protestieren. Ziel dieser Aktion, zu der die Kölner Intitiative „BürgerInnen beobachten Petunien“ und andere Anti-Gen-Tech-Gruppen aufrufen, ist es, den ersten Freilandversuch mit genetisch veränderten Organismen in der Bundesrepublik zu ver- oder behindern.

Am 14. Mai wollen Mitarbeiter des MPI beginnen, 30.000 Petunien auf ein Versuchsfeld zu pflanzen, denen ein fremdes aus Mais isoliertes Gen und ein Resistenzgen gegen das Antibiotikum Kanamycin eingebaut wurde. Die manipulierten Petunien werden statt weiß lachsrot blühen. Mit einem Medienspektakel wollen die Gentechniker vom Rhein am Tag der Freisetzung um positive Stimmung für Freilandversuche werben.

Geht es nach dem Willen der BI „BürgerInnen beobachten Petunien“, wird das Spektakel nicht auf dem fußballfeldgroßen Petunienacker, sondern vor den nagelneuen Zäunen des MPI stattfinden. Ab sechs Uhr morgens soll MitarbeiterInnen des MPI der Zugang zum Gelände versperrt werden. Gewaltsames Vorgehen lehnen die Anti-Gen-Tech -AktivistInnen jedoch ab. Mit Infoständen, Malaktionen und Musik werden die Gruppen auf die Gefahren der Gentechnik aufmerksam machen.

Der Protest richtet sich vor allem deshalb gegen den „scheinbar harmlosen“ Versuch, weil dieser „eine Lokomotivfunktion für weitere Freisetzungen übernehmen“ soll. Nach Einschätzung des Kölner Arztes und Petunien -Kritikers Christian Döring geht es dem MPI darum, „mit diesem Versuch das Genehmigungsverfahren für zukünftige Freisetzungen in der Bundesrepublik einzuüben. Außerdem wollen die Genbastler mit den netten Balkonpflanzen Akzeptanz und Gewöhnung bei der Bevölkerung erreichen.“ Die werbungsstrategischen Überlegungen seien im Fall der Petunien wichtiger als der wissenschaftliche Nutzen.

Nach Angaben des MPI ist der Petunienversuch mit einer großen Anzahl von Pflanzen notwendig, um das seltene Phänomen „springender Gene“ beobachten zu können. Bei einigen Petunien wird während der Wachstumsphase natürlicherweise ein sogenanntes „springendes Gen“ in das künstlich hinzugefügte Mais-Gen eingebaut. So wird die neue lachsrote Färbung gestört, die Petunien bekommen Punkte oder Streifen. Die Analyse „springender“ Gene soll nach Angaben von MPI-Projektleiter Prof. Dr. Heinz Saedler neue Erkenntnisse für die gentechnische Produktion von landwirtschaftlich nutzbaren Hochertragssorten bringen. Gentechnisch hergestellte Hochertragssorten würden dringend gebraucht, um den Hunger der wachsenden Erdbevölkerung zu stillen, ohne mehr umweltschädigende Chemikalien einzusetzen.

Wörtlich heißt es in einem Papier des Instituts: „Zur Erreichung dieses Ziels sollte uns jede Technologie willkommen sein, die sich momentan bietet.“ Solche Argumente halten die Gengegner für eine miese Werbekampagne: „Der Hunger in der sogenannten 3. Welt entsteht ja nicht dadurch, daß es in diesen Ländern keine Hochertragssorten gibt“, so der Kölner Chemiker Gregor Bornes, „sondern diese Länder bekommen von Internationalen Währungsfonds nur dann Kredite, wenn sie Kaffee anbauen oder Bananen.“

Um die Kredite zurückzahlen zu können, sind sie gezwungen, Bananen zu exportieren statt Getreide für die Kochtöpfe der Bevölkerung anzubauen. Hunger ist ein politisches Problem, das mit Gen-Technik nicht zu lösen ist.“ Die Nutznießer der Gentechnik seien lediglich die Agro- und Pharmamultis. Zur Lösung von sozialen Problemen wie Hunger, Krankheit und Umweltzerstörung trage die „Sackgassentechnologie“ nicht bei.