Quotenregelung für DDR-Abiturienten

Heute beschließt die Kultusminister-Konferenz die Anerkennung des DDR-Abiturs an westdeutschen Hochschulen / Steht ein Run aus dem Osten bevor? / Zur Studienplatzvergabe soll eine Quotenregelung mit noch zu errechnendem Faktor eingeführt werden  ■  Von Axel Kintzinger

Berlin (taz) - DDR-Abiturienten, die auf einen Studienplatz in der Bundesrepublik hoffen, werden nach der heutigen Kultusminister-Konferenz (KMK) in Bonn aller Voraussicht nach aufatmen können. Alle früheren Überlegungen, ihren Schulabschluß nicht anzuerkennen oder die Studienbewerber einer Nachprüfung zu unterziehen, sind vom Tisch. Allerdings: Einen freien Zugang, womöglich noch ohne Numerus clausus (NC), wird es nicht geben. Im Gegenteil: Für die Vergabe der zur Verfügung stehenden Studienplätze soll eine Quotenregelung eingeführt werden.

Baden-Württembergs Kultusminister Gerhard Mayer-Vorfelder (CDU) schloß sich kürzlich der Position der SPD-regierten Bundesländer an. Auch er favorisiert eine Quotenregelung, nach der vor allem in den NC-Fächern, etwa in Medizin, „nur eine festgelegte Anzahl von DDR-Abiturienten eine Zulassung erhält“. Wie die Quote aussieht und für welche Fächer sie gilt, ist noch unklar und dürfte auf der heutigen KMK zumindest ansatzweise diskutiert werden. Nach dem Willen der meisten Bundesländer soll diese Regelung im Schnelldurchgang durch die parlamentarischen Gremien gepeitscht werden, damit sie bereits bei der Anmeldung für das kommende Wintersemester gilt.

Bleibt das Problem, daß die Durchschnittsnoten der DDR -Abiturienten in den Augen westdeutscher Bildungspolitiker einen Schönheitsfehler haben: Sie sind einfach zu gut. Weil die Qualität der DDR-Lehrer im alten System an den Noten ihrer Schüler gemessen wurde, bewerteten die dortigen Pädagogen ihre Schützlinge höher als gerechtfertigt. Aus diesem Grund hatten mehrere Bundesländer das Abitur nach Öffnung der innerdeutschen Grenze vorläufig nicht anerkannt. Doch jetzt haben Vertreter der Länder pünktlich vor der KMK eine andere Antwort gefunden. So soll die Durchschnittsnote eines DDR-Abiturs künftig mit einem noch zu errechnenden Faktor multipliziert werden. Damit erhofft man sich eine Annäherung an den BRD-Notendurchschnitt. An eine Malus -Regelung, also eine direkte Verschlechterung der Note, wird nach offiziellen Angaben nicht gedacht. Doch im DDR -Bildungsministerium stellt man sich bereits darauf ein: „Das ist im föderativen System der Bundesrepublik doch auch so“, hat ein Ministeriumssprecher erfahren und schätzt im Gespräch mit der taz ein, daß es „eine ähnliche Regelung auch für unsere, noch zu schaffenden Länder geben“ wird.

Der nach der Maueröffnung erwartete Run von Studienbewerbern aus der DDR blieb in den ersten Monaten aus. So befanden sich nach Angaben der KMK unter den rund 38.000 Studierwilligen für das momentane Sommersemester nur 770 Bewerber aus dem anderen deutschen Staat. Doch die Nachfrage steigt: Allein in Baden-Württemberg hat es zuletzt monatlich über 500 Anträge von jungen DDR-Bürgern gegen, die ihr Abitur anerkannt sehen wollen. Vor allem Juristen und Wirtschaftswissenschaftler befürchten, von ihrem alten Lehrpersonal nicht das Fachwissen vermittelt zu bekommen, das sie zum Bestehen auf dem freien Markt brauchen.

Alexander Horneburg aus dem DDR-Bildungsministerium hat Verständnis für diese Befürchtungen: „Wer jahrelang sozialistische Planwirtschaft gelehrt hat, kann seinen Studenten nicht von einem Tag auf den anderen die kapitalistische Wirtschaftsweise beibringen.“