„FDP mit aller Kraft gegen Mieter“

■ taz-Interview mit dem SPD-Abgeordneten Gerhard Jahn, dem Vorsitzenden des Deutschen Mieterbundes / CDU/CSU will Schutz gegen Mietwucher prüfen / FDP gegen Rechtsänderungen

Bonn (dpa/taz) - Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will die von Bundesbauministerin Hasselfeldt geforderten Rechtsverschärfungen gegen Mietenexplosionen und Wucher sorgfältig prüfen. Während CSU-Abgeordnete am Mittwoch in einer von der SPD verlangten Aktuellen Stunde des Bundestages die Pläne der Ministerin klar unterstützten, äußerten sich die CDU-Wohnungspolitiker Kansy und Möller nur distanziert.

Die FDP lehnte diese Forderungen unter Hinweis auf die Verunsicherung der Investoren ab, wenngleich Bayerns FDP -Vorsitzender Josef Grünbeck vorsichtig Kompromißbereitschaft signalisierte, sofern die neuen Regelungen wirkliche Ausnahmen blieben. Im Vorfeld der Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen wurde die Debatte zu einem Schlagabtausch im Wahlkampf. Die taz sprach dazu mit dem SPD-Abgeordneten Gerhard Jahn, Vorsitzenden des Deutschen Mieterbundes.

taz: Der Bundestag debattierte heute den Mieterschutz: Woran hapert es nach dem Eigenbedarfsurteil von Karlsruhe am meisten?

Jahn: Die Entwicklung hat sich verschärft. Das Eigenbedarfsurteil hat verheerende Folgen, weil es unter einer schamlosen Mißachtung der geschriebenen Rechtsnorm die Vermieter dazu verleitet, selbst dann Eigenbedarf zu verlangen und damit zu drohen, wenn es keinen gibt, und damit die Mieter in großem Ausmaß zu verunsichern und zu ängstigen. Die Mieter sind sich ihrer Rechte nicht hinreichend bewußt und wehren sich daher nicht genug.

Wie hoch werden die Mieten noch klettern?

Voraussagen können zwar nicht gemacht werden. Aber: Die Koalition redet davon, die Mietenexplosion gelte nur für Ballungsgebiete. Tatsächlich haben wir das längst in der Fläche. Wenn in Braunschweig in einem Jahr die Mieten um 20 Prozent steigen, in Bremen - nicht gerade ein Ballungsgebiet - in einem Jahr um 24 Prozent, und in Oldenburg sogar um 33 Prozent; dann erkennt man, daß bei fehlendem gesetzlichen Eingreifen, das fordern wir von der Bundesregierung, kein Halten mehr ist.

Wie hoch ist die jüngste Zahl der Wohnungssuchenden, was steht zu befürchten?

Der Deutsche Mieterbund geht von 1,5 bis 1,7 Millionen fehlenden Wohnungen aus. Und mit dem nachwachsenden Bedarf brauchen wir in den nächsten zehn Jahren rund eine halbe Million neue Wohnungen. Die Höchstleistung, auf die Bauministerin Hasselfeld kommen will - und noch lange nicht gekommen ist -, liegt nur bei 280.000 bis 300.000 Wohnungen.

Welche gesetzlichen Schritte sind für effektiveren Mieterschutz notwendig?

Es sind viele Gesetze notwendig. Wir brauchen unbedingt eine Neudefinition des Eigenbedarfsbegriffes, um den Mißbrauch nach dem Karlsruher Urteil zu verhindern. Und wir brauchen eine Begrenzung des Mietanstiegs. Da haben die Bauminister der Länder etwas Vernünftiges vorgelegt: Nicht mehr als fünf Prozent über die Vergleichsmiete hinaus, wenn eine Wohnung neu vermietet wird. Wir brauchen neue Maßstäbe für die Vergleichsmiete.

Wer in der Koalition bremst die Durchsetzung dieser Schritte am meisten?

Es ist offenkundig: In dieser Republik gibt es eine politische Kraft, die mit aller Macht jede Verbesserung zugunsten der Mieter ablehnt und verhindert - die FDP.

Interview: Axel Kintzinger