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Wir bitten Barbara

■ Ein verspäteter Nachruf

Nun haben wir versucht, den rechten Augenblick zu erhaschen, in düsterer Vorahnung ob der Vergänglichkeit allen Engagements, und haben ihn doch verpaßt: Barbara bat schon vor Wochen zum letzten Mal. Die Rubrik Barbara bittet auf der Leserbriefseite der 'Zeit‘, die uns seit der ersten Ausgabe selbiger Wochenzeitung erfreut und unzählige Schicksale von Studentinnen (26), Oboisten (32), Geschichtslehrerinnen (48) und jungen wie alten Familien aus Dessau, Schwerin und anderswo uns nahezubringen vermochte, ist nun endgültig eingestellt. Das pure, unverfälschte Leben auf 30 bis 50 Zeilen, die Wechselfälle des Lebens und der Politik - das zu lesen war uns ständiger, durch stete Wiederholung noch gesteigerter Genuß. Der formlose Abgang dieser Rubrik, von der rüden Inkonsistenz des Lebens selbst verschuldet, läßt uns tief betroffen zurück, und so bitten wir Barbara: Machen Sie weiter!

Adressenmaterial von Bedürftigen aus aller Welt liegt uns in bisher unerschlossener Fülle vor (so wissen wir definitiv von einer Familie im Senegal zu berichten, der es nur an einem guten Kehrblech mangelt, und auch Aquarellkurse in Perugia müssen schließlich bezahlt sein). Die Tatsache, daß sich das drittreichste Land der Erde mit dem achtreichsten verbindet, sollte für Sie kein Grund sein, Ihre Bemühungen um die Erniedrigten und Beleidigten nun ein für alle mal einzustellen - im Gegenteil: Das neue Prinzip der Politik Global denken, lokal handeln schreit geradezu nach der Fortsetzung Ihrer Rubrik. Wir schlagen zur Unterstützung vor: Volkshochschulkurse in Kalkutta: Betteln ohne Stab, Backen ohne Öl; Töpferkurse in Nigeria: Töpfern ohne Ton, Formen ohne Sinn; Selbsthilfegruppen in Äthiopien: Schlankwerden mühelos - und so weiter und so fort. Es gibt viel zu tun: Bitten wir darum.

es/mbr

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