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Keine Einsicht bei den AKW-Chefs

■ Die Leitung des „KKW Bruno Leuschner“ weist die Stillegungsforderung zurück und plädiert für den Weiterbetrieb

Nürnberg (taz) - Die Leitung der Atomzentrale in Greifswald will die vier umstrittenen 440-Megawatt-Reaktoren an der Ostsee offenbar nach einer Rekonstruktion weiterbetreiben. In einer Erklärung des „KKW Bruno Leuschner“ wird die Forderung der unabhängigen deutsch-deutschen Expertenkommission zurückgewiesen, die maroden Reaktoren umgehend abzuschalten (siehe taz vom 15.5.).

Die seinerzeit von den Ministern des zentralen Runden Tischs berufene Sicherheitskommission - ihr gehören unter anderem Professor Klaus Traube und der Werkstoffverantwortliche des AKWs Greifswald, Norbert Meyer, an - sei nicht mit der aus Fachleuten der Kölner Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) und dem Staatlichen Amt für Atomsicherheit und Strahlenschutz (SAAS) zusammengesetzten offiziellen Kommission zu verwechseln. Die Ergebnisse des am Montag veröffentlichten Sicherheitsgutachtens seien deshalb „nicht verbindlich für das KKW Greifswald“.

Weiter heißt es in der Erklärung: „Die uns von der GRS bisher übergebenen vorläufigen Berichte zu den durchgeführten Untersuchungen lassen erkennen, daß ein Weiterbetrieb der Blöcke 1-4 des KKW Greifswald möglich ist, wenn die Maßnahmen, die zur Zeit durchgeführt werden, realisiert sind.“ Allerdings ist bekannt, daß auch die westdeutschen Atomiker bezüglich des Weiterbetriebs der umstrittenen Greifswalder Anlage unterschiedlicher Auffassung sind. Auf eine entsprechende Frage antwortete Bayernwerk-Vorstandsmitglied Eberhard Wild bei der Jahrestagung Kerntechnik in Nürnberg: „Wir werden uns das sehr wohl überlegen müssen, ob wir so etwas tun.“

Außerdem schießt die Leitung des Atomkraftwerks in der Erklärung gegen ihren Mitarbeiter und Werkstoffverantwortlichen Norbert Meyer. Dieser sei nicht berechtigt, im „Namen der Belegschaft aufzutreten“. Das hatte Meyer allerdings im Rahmen seiner Tätigkeit in der unabhängigen Sicherheitskommission auch nicht getan. Die Erklärung aus Greifswald wurde am Rande der Nürnberger Tagung verteilt. Adressat des Telex mit der Erklärung ist der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des westdeutschen Stromkonzerns Preussen Elektra, Dr. Rühland. Die Preussen Elektra soll den Greifswalder Atomkraftwerkern einen Milliardenkredit zur Rekonstruktion der Anlage angeboten haben.

Gerd Rosenkranz

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