Manipulierte Petunien nach Holland verkauft

■ Noch während des Genehmigungsverfahrens für genmanipulierte Versuchspflanze wurde das Saatgut an ausländische Händler verkauft

Köln (taz) - Genmanipulierte Petunien mit lachsroter Färbung sollen nicht nur auf dem Feld des Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung (MPI) in Köln-Vogelsang erblühen, sondern auch auf holländischen und japanischen Balkonen. Während die Kölner Petunien-Freisetzer Ende 1988 noch um die Genehmigung ihres Experiments bangten, verkauften andere schon das Saatgut der genmanipulierten Zierpflanzen an niederländische und japanische Blumen- bzw. Saatgutgroßhändler. Das bestätigte der Leiter des Kölner Petunienversuchs, Peter Meyer, gegenüber der taz.

Das Geschäft wurde damals von der in München ansässigen Firma „Garching Instrumente“ eingefädelt, die weltweit patentgeschützte Produkte aus den Laboratorien der von Bund und Ländern finanzierten Max-Planck-Institute an Händler und Industrie vertreibt.

Kommerziell interessant sind die Petunien wegen der gentechnisch erzeugten lachsroten Blütenfarbe. Die neue Färbung entsteht durch ein Maisgen, das die Forscher in das Erbmaterial der Pflanze eingebaut haben. Ob die genetisch veränderten Pflanzen in Holland und Japan bereits die Balkone zieren, konnte weder Meyer noch der Geschäftsführer von „Garching Instrumente“, Heinrich Kuhn, sagen.

Kuhn erklärte, zunächst sei es notwendig, die für das Kölner Experiment eigens langstielig gezüchteten Petunien wieder auf die normale, gedrungene Form umzuzüchten. Deshalb glaube er nicht, daß die lachsroten Pflanzen bereits im Handel zu haben sind.

Im Genehmigungsantrag für das Freisetzungsexperiment hatte das Kölner Institut noch viel Mühe darauf verwendet, die unkontrollierte Ausbreitung der genetisch veränderten Organismen auszuschließen. „Experimentell bestätigen“ konnten die Forscher, daß Petunia „nicht winterfest“ sei.

Außerdem seien „Auswanderungen trotz des erheblichen Anbaus in Europa nicht bekannt“. Das eingeführte Gen könne sich zudem nicht durch Pollen ausbreiten. Zum „Schutz des Materials vor Unbefugten“ wurde der massive Zaun errichtet, der jetzt die frische Saat in Köln schützt. „Nach dem Ende des Experiments“ sollte der „Restbestand untergepflügt“ oder durch „Herbizidanwendung abgeräumt“ werden.

Der Leiter der Zulassungsstelle für biologische Sicherheitsmaßnahmen am Bundesgesundheitsamt (BGA), Hans -Jörg Buhk, zeigte sich gestern von dem Verkauf des Saatguts nach Holland und Japan überrascht. Er „höre das erste Mal davon“, sagte Buhk. Gegen die Weitergabe gentechnisch manipulierter Petunien von Genlabor zu Genlabor sei zwar rechtlich nichts einzuwenden. Für eine Freisetzung müßte allerdings das Genehmigungsverfahren durchlaufen werden.

Er gehe davon aus, daß die Käufer in Holland und Japan nach den jeweils nationalen Regelungen zum Umgang mit genmanipulierten Organismen befugt seien. Insofern habe er „keinen Hinweis darauf, daß die Weitergabe illegal“ war.

Unterdessen bezeichnete einer der Leiter des Kölner Instituts, Professor Horst Saedler, das Experiment erneut als wichtigen Schritt zur Grundlagenforschung. Es könne beispielsweise Erkenntnisse für die Produktion pollensteriler Maissorten liefern. Pollensterile Getreide würden die Züchtung von Hochertragssorten, sogenannten Hybridsorten, wesentlich erleichtern.

Oliver Köhler/gero