piwik no script img

Ran ans große Geld

■ Zu den rotgrünen Koalitionsverhandlungen in Hannover

In vielen anderen Bundesländern könnte man den Grünen nur eines empfehlen: Umweltministerium? Nein Danke! Mit einem Micker-Etat die Altlasten der Vorgänger-Regierungen zu beseitigen und sich als Reparatur- und Entsorgungsminister ans Ende der Produktionsschlange zu begeben, um dort das Schlimmste zu verhindern, kann nicht der Traum- oder Dauerjob grüner Politiker sein. Wie selbstverständlich waren die Grünen in Hessen und Berlin auf den Umweltsessel gerutscht, um sich plötzlich auf gefährlich angewachsenen Abfallbergen wiederzufinden, um den Dreck der Industrien und Haushalte wegzuschaffen. Das Umweltministerium ist nach Tschernobyl eingerichtet und an die bisherige Ministerstruktur angehängt worden: Eine zusätzliche Widerspruchsinstanz, aber kein Schlüsselressort. Symbole für eine andere Umweltpolitik sind denn auch in Berlin nicht die Beschlüsse der Umweltministerin geworden, sondern die Einführung von Tempo 100, die neuen Busspuren, die Umweltkarte und die Verkehrsberuhigung. All diese Maßnahmen sind originär grün, liegen aber sämtlich beim Verkehrssenator.

In Niedersachsen sind die Dinge komplizierter, weil mit den alten und neuen Atomanlagen Schlüsselprojekte für die Zukunft des Landes nicht beim Wirtschaftsminister (wie seinerzeit in Hessen) sondern im Umweltressort liegen. Die Endlager in Gorleben und Salzgitter (Schacht Konrad), an denen die sogenannte Entsorgung der Atomindustrie hängt, müssen beide vom Umweltministerium genehmigt werden. Wie man durch eine geschickte Genehmigungspolitik eine Atomanlage wie den Schnellen Brüter - streng nach Recht und Gesetz totgenehmigt, das hat in Nordrhein-Westfalen Wirtschaftsminister Jochimsen in beispielhafter Weise vorexerziert. Insofern müssen sich die Grünen in diesem Ressort Einflußrechte sichern. Dies kann allerdings auch durch einen juristisch gewieften Staatssekretär erfolgen, der Frau Griefahn lächelnd auf den Füßen steht. Ansonsten soll die Ex-Greenpeace-Frau doch mal zeigen, was sie bei den Kämpfern des Regenbogens gelernt hat.

Ansonsten gilt auch in Niedersachsen: Die ökologische Umgestaltung ist keinesfalls auf ein Umweltressort beschränkt. Ökologische Wirtschafts-, Verkehrs-, Landwirtschafts-, Innen-, Finanzpolitik tun not. Ran an die Fleischtöpfe. Ran an die echten Etats. Dann kommt die SPD ins Schwitzen.

Manfred Kriener

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen