FU-Front gegen Riedmüllers Numerus clausus

■ Akademischer Senat weist NC-Wunschliste erneut zurück / Zahlenspielchen um DDR-BewerberInnen / Sitzung von StudentInnen gesprengt / Der ungeliebte NC soll nach dem Willen von Riedmüller für ein Jahr als Mauer für Studierwillige aus dem Osten dienen

Dahlem. An der Freien Universität wird zunächst kein weiterer Numerus clausus (NC) eingeführt. Das beschloß der Akademische Senat der FU am Mittwoch in ungewohnter Einigkeit gegen den Willen von Wissenschaftssenatorin Barbara Riedmüller.

„Unumgänglich“, so hatte sie am Sonntag an FU-Präsident Heckelmann geschrieben, seien Zulassungsbeschränkungen in zehn Fächern, die zu 50 Prozent oder mehr überlastet seien, darunter die Erziehungswissenschaften, „Politologie/Sozialkunde“ und Soziologie. Diese NC -Wunschliste Riedmüllers lag dem Akademischen Senat schon am 9. Mai vor, ergänzt um die Fächer Germanistik und Geschichte. Nur für diese beiden Fächer war in jener Sitzung eine Begrenzung der Zulassungszahlen auf das Überlast-Niveau der letzten vier Semester beschlossen worden. Für alle anderen Fächer hatte der Akademische Senat Beschränkungen abgelehnt und sieht in dem neuen Schreiben Riedmüllers nun keinen Anlaß, daran zu rütteln. Statt dessen hob er den NC für die Geschichtswissenschaften zunächst wieder auf, nachdem ein Bericht der studentischen „Lieblingszeitung“ Zweifel an der Beschlußlage des zuständigen Fachbereichsrates hatte aufkommen lassen.

In den Fächern der NC-Wunschliste sei mit besonderem Interesse von DDR-StudentInnen zu rechnen, hatte Riedmüller betont: „Mehrere tausend Anfragen dieses Bewerberkreises wurden an die Studienberatung der FU gerichtet.“ Der NC solle keine Abkehr von der „Öffnungspolitik“ sein, sondern auf ein Jahr befristet - den „nicht exakt kalkulierbaren Bewerberanteil aus der DDR“ abfangen helfen, da „eine ordnungsgemäße Ausbildung sichergestellt werden muß“. Zur Bewältigung der Überlast könne zusätzliche „finanzielle Unterstützung nicht zugesagt werden“. Diesen Hinweis Riedmüllers nahm der Akademische Senat am Mittwoch mit „Befremden“ zur Kenntnis und beantwortete ihn mit der Forderung nach eben dieser Unterstützung sowie nach einem Rahmenplan für die Hochschulentwicklung.

Vorarbeiten für einen solchen Plan „für Gesamtberlin oder Berlin-Brandenburg“ laufen jedoch bereits, so Senatorin Riedmüller. Derweil wird eine Kommission des Akademischen Senats Orientierungshilfen für die besonders gefragten Fächer erarbeiten, um Überlasten intern bewältigen zu können.

Nachdem der Akademische Senat die studentische Forderung nach Aufhebung überhaupt aller Zulassungsbeschränkungen abgelehnt hatte, ging die Sitzung in einem Pfeifkonzert und Sprechchören („Bildung für alle“) der anwesenden StudentInnen unter und wurde schließlich abgebrochen.

Scharfe Angriffe richtete am Mittwoch auch das StudentInnenparlament der FU gegen Senatorin Riedmüller. Bisher hätten „sich keine 400 Menschen aus der DDR an der FU immatrikuliert“. Mit ihrem „Propagandagetöse von 10.000 studierwilligen DDR-BürgerInnen“ operiere sie bewußt mit falschen Zahlen, um mit dem Argument „Alles Böse kommt aus dem Osten“ Restriktionen an der FU durchzusetzen.

Das am gleichen Tage ausgelieferte offizielle „FU-Info“ erinnerte daran, daß Riedmüller mit dem Vorsatz angetreten sei, die Autonomie der Hochschulen zu stärken. Nun regiere sie aber ebenso in die Universität hinein wie ihr Amtsvorgänger Turner. An gleicher Stelle wird mit 5.000 DDR -BewerberInnen an allen Westberliner Hochschulen und 1.500 an der FU gerechnet, allerdings unter dem Vorbehalt einer „dürftigen Datenbasis“.

mw