Oblaten statt Gummibärchen

■ Keiner verkauft sich so schlecht wie die Kirche / Konfirmation in St. Stephanie

Von der Kunst, sich zu verkaufen, versteht die Kirche heute kaum noch was. Das war nicht immer so. Es gab Zeiten, in denen es die Kirche war, die Moden machte. Damals war der Zauber am Altar, der Trost von der Kanzel und das Chorsingen unter der Orgel einfach „in“, und wer einen Sonntagmorgen nicht im Gottesdienst verbracht hatte, war „out“. Brechend voll waren die harten Holzbänke und voll klang auch das „Lobet den Herrn“.

Heute kommt die Kirchenreklame schüchtern daher, nur als „Angebot“ will das Gemeindeleben verstanden sein, natürlich freiwillig, offen für jeden und für alles. Und wenn wie gestern in Bremens alter Stephaniekirche sieben KonfirmandInnen ihr erstes Abendmahl einnehmen, dann spricht der Vertreter des Kirchenvorstands keine neuen KirchgängerInnen an, sondern bittet vorsichtig darum, daß der Abschluß des zweijährigen Konfirmandenunterrichts doch nicht auch der Abschluß des Kirchenkontaktes seien möge. Und die Leiterin des Jugendkreises wirbt für ihren wöchentlichen Termin im Gemeindehaus kleinlaut mit: „Kommt doch bitte mal vorbei, wenn ihr Lust habt. Wir machen ganz tolle Sachen, zum Beispiel Diskutieren.“

Wer sich ohne Not so schlecht verkauft, muß entweder völlig resigniert sein oder ein fürchterlich schlechtes Gewissen haben. Dabei war die zweijährige Konfirmandenschule doch gar nicht so erfolglos. Immerhin halten die sieben 12- bis 14jährigen ihre eigene Predigt im besten Pastorenton. Vom Garten Gottes ist da die Rede, von den vier Gärten des eigenen Lebens und vom schönsten aller Gärten, dem Paradies. Während der weltliche Gemüsegarten dabei ziemlich schlecht wegkommt („Da wird Kohl angebaut, und Kohl ist langweilig“), machen die KonfirmandInnen beim Verlesen der Schöpfungsgeschichte leuchtende Augen. Kein stimmbrüchiger Protest gegen den Rippenklau am Adam und keine mädchenbewegte Spitze gegen die Rolle der „Männin aus Fleisch von seinem Fleisch“, die Moses dem Weibe zugedacht hat. „Der Paradiesgarten ist ein herrliches Versprechen“, jubiliert die Konfirmandin. Und die angereiste Verwandtschaft übt sich dazu an Piet Janssens Kirchentagsschnulze: „Herr, deine Liebe ist wie Gras und Ufer“.

Das treibt einem nicht nur schaurig über den Rücken, das treibt einen bewußt aus der Kirche raus. Oder gibt es außer Haribo macht Kinder froh noch irgendeine andere Firma, die mit zwanzig Jahre alten Jingles für sich wirbt? Schließlich hat die Kirche statt bunter Gummibärchen nur mehlige Oblaten zu bieten. Und damit die als süße Früchte des Lebens ankommen, muß schon etwas mehr fürs Produktimage getan werden als am Sonntag in St. Stephanie.

Dirk Asendorpf